Überraschter Überraschungssieger

 

 

Seit 27 Jahren wird im Münsteraner Ortsteil Altheim eine schöne zweitägige Laufveranstaltung ausgerichtet – und das immer noch mit der Mannschaft der ersten Stunde. 5 Jahre Pause gab’s zwischendurch mal und so fand am 28./29.06.03 der 22. Spitz-Älthemer Volks- und Straßenlauf statt. 75 Mitglieder zählt der Verein „Volkssportfreunde Altheim“ und die gehen alle zur Orgahand, Kind, Kegel, Oma und Opa werden auch noch eingebunden. Wie immer wurde samstags abends Halbmarathon gelaufen, am Sonntagmorgen folgen dann noch Läufe über 10, 5 und 1 km, letzterer für Schüler bis Jahrgang 1988. Diese Zweiteilung ist für die Veranstalter viel streßfreier, weil man sich immer auf einen Lauf zur Zeit konzentrieren kann. Dadurch ergibt sich auch noch ein kleines Bonbon für unermüdliche Vielstarter, die können nämlich gleich 31,1 Wettkampfkilometer an einem Wochenende abspulen.

 

Inzwischen hat der Verein ein eigenes Zeiterfassungssystem und gute EDV-Geister ermöglichen es sogar, daß alle Zieleinlaufenden direkt von der rührigen Pressechefin namentlich begrüßt werden, sie hat die Namen sofort auf dem Monitor.

 

Der Halbmarathon besteht aus zwei Runden, die die 325 Gestarteten (70-80% davon Stammgäste in Altheim) über überwiegend befestigte Waldwege führten. Knapp 2 km freies Feld vom Start weg und noch mal gut 1 km Wohngebiet vervollständigen die Strecke mit ca. 40 Höhenmetern pro Runde. Im Ziel waren am Ende 298, der Rest fiel den hohen Temperaturen zum Opfer. Das gegen 15.30 h über Frankfurt tobende Gewitter konnte man von Altheim aus offenbar als dunkelblaue Wand beobachten, die Dieburger Gegend blieb aber davon verschont.

 

Außergewöhnlich ist in Altheim nicht nur die Zweiteilung der Veranstaltung. Ein Superservice ist der schnelle Aushang der Ergebnislisten. Kaum ist eine Seite voll, schon hängt sie am Schwarzen Brett, das hier gelb ist, aus. Hinter der Sporthalle, die als Leidernurkaltdusch- und Anmeldezentrum dient, ist eine Zeltstadt aufgebaut, in der ein umfangreiches Kuchenangebot, Würstchen und viele Getränke zu sehr moderaten Preisen zur Plünderung bereit stehen, auch die Siegerehrung findet hier auf der grünen Wiese statt.

 

Außergewöhnlich ist auch der lange Zielschluß von 190 min, der aber nicht bis hinten hin ausgereizt wurde. Nach 2:37 h waren die letzten im Ziel und die Siegerehrung konnte zügig durchgeführt werden.

 

Überraschungssieger, der sich sehr über seine für ihn selbst auch überraschende Führungsposition freute, war Tobias van Ghemen. Der Darmstädter wollte eigentlich gar keinen Halbmarathon laufen, aber der frühe Starttermin des 10ers am Sonntag bewog ihn doch dazu, lieber die doppelte Strecke zu laufen und dafür am nächsten Tag ausschlafen zu können. Bei seinem zweiten Halbmarathon überhaupt lief Tobias ab km 2 ein einsames Rennen und kam nach 1:16:08 h ins Ziel. Obwohl er in Darmstadt eigentlich nicht hügelig trainieren kann, trifft man ihn in diesem Sommer auf den Taunus-Wettkampfstrecken, die zum Koch’s Taunuscup gehören.

 

Zweiter war Helmut Marenholz vom TV aus dem benachbarten Hergershausen. Helmut ist aufgrund einer langwierigen Gelenkentzündung, die jedes Tempotraining unmöglich macht, schon seit einem ¾ Jahr gehandicapt und daher so gar nicht mit seinen 1:18:56 h zufrieden.

 

Nur 16 sec. hinter Helmut lief Uli Amborn von der LG Offenbach über den Zielstrich, nachdem er nach der ersten Runde noch 1,5 min Rückstand hatte. Eigentlich war ja nur ein Trainingslauf geplant, aber wenn der Gegner so unaufhörlich näher kommt, ist Uli dann doch nicht mehr zu halten, dabei hat er diese Woche incl. des Halbmarathons und des anschließenden Auslaufens schon 138 km in den Beinen. Die 5 Stücke Kuchen, die er sich anschließend genehmigte, wird er bei seinem Mammutprogramm der übernächsten Woche auch brauchen: Allgäumarathon mit anschließendem Trainingslager in St. Moritz zusammen mit Deutschlands schnellen Ultras Michael Sommer und Thomas Miksch, von St. Moritz aus direkt zum Zugspitzlauf und dann am nächsten Tag Hornisgrinde-Marathon „und dann bin ich platt“ (O-Ton Uli Amborn).

 

Bei den Frauen siegte die Teamkollegin von Helmut, Petra Hartmann, in 1:33:33 h. Ihr dicht auf den Fersen war Martina Kufner von einem der teilnehmerstärksten Teams, den Waldfeen aus Roßdorf, die nur 5 sec. nach ihr ins Ziel kam. Dritte Frau wurde Sandra Christmann vom Pelari Team in genau 1:41 h. An den Namen der zweifachen Mutter aus dem Odenwälder Fischbachtal wird man sich in der Gegend so langsam gewöhnen müssen, denn Sandra lief in den letzten Monaten schon mehrfach aufs Treppchen – und das sowohl über 5 km, 10 km als jetzt auch noch Halbmarathon. Eine Geheimwaffe der Odenwälderin ist eine Strategie, die Dieter Bremer den Teilnehmern des Marathonprojekts „Frankfurt Marathon“ mit auf den Weg gibt: wenn man in ein Loch läuft, langsam wieder aufbauen. Dem autogenen Training ähnlich reaktiviert man gedanklich alle Körperteile von unten nach oben, man nimmt wieder Haltung an und dann geht’s wieder - zumindest zeitweise.

 

Mit auf der Strecke waren, wie so oft, nicht nur reine Läufer, auch Triathleten nutzen schon mal die eine oder andere Volkslaufveranstaltung zur Wettkampfvorbereitung. Einer von ihnen ist Egbert Ramge vom TV Groß-Zimmern, der in zwei Wochen beim Ironman in Frankfurt die 11 h-Grenze knacken will und den Altheimer Halbmarathon ganz locker in 1:53:44 h nach Hause lief.

 

Ergebnisse und Fotos auch vom sonntäglichen Geschehen gibt’s im Internet unter http://www.volkssportfreunde.de/

für laufreport im Juni 2003