Oh wie ist das schön |
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Freitag:
16°, Regen, Niederschlagswahrscheinlichkeit 80 % Das
waren die Wetter-Chaosmeldungen am Donnerstag für das diesjährige
BGL-Wochenende – nicht besonders erbaulich, fand ich, da wir die langen
Pausen zwischen den Läufen (natürlich) am liebsten im Freien verbringen.
Aber erstens kommt es anders, als zweitens man es denkt und so fiel das
ganze Wochenende kein einziger Tropfen vom Himmel, im Gegenteil, die Sonne
brannte zeitweise ganz schön heftig. Vielen war das schon zu viel des
Guten, mir höchstens hin und wieder ein bißchen zu schwül – aber
recht machen kann man’s nie allen und schon gar nicht mit dem Wetter. Nach
meinem Debut im Jahr 2001 war ich dieses Jahr angetreten, mindestens 19
Leute (nämlich eine/n mehr als letztes Jahr) hinter mir zu lassen – und
erhöhte um 76 gleich auf 95. Erstmals in seiner 18jährigen Geschichte
war der Brüder-Grimm-Lauf ausgebucht und Landrat Karl Eyerkaufer verriet
anläßlich der Siegerehrung, daß man versucht, im nächsten Jahr dem
Attribut „international“ richtig zu zollen – der Main-Kinzig-Kreis
steht wohl in Gesprächen mit verschiedenen Partnerstädten der vom Lauf
betroffenen Orte all over the world, 2003 (wenn der BGL übrigens wieder
an Pfingsten stattfindet, was nach dem Lauf noch einen
Regenerationsfeiertag beschert) Läufer zu schicken, die das Feld noch
multikultureller werden lassen. Am
Brüder-Grimm-Lauf nimmt immer ein sehr bunt gemischtes Völkchen teil,
aber viele bzw. wohl die meisten sind Wiederholungstäter – wer einmal
Blut geleckt hat, den läßt der BGL nicht mehr los. Einer von ihnen ist
Kalli Flach, Jahrgang 1938, der bisher alle Brüder-Grimm-Läufe
mitgemacht hat und seit Jahren mit Startnummer 1 versehen wird. Die beiden
ältesten Teilnehmer waren dieses Jahr Jahrgang 1933 (Gerhard Waindzioch
von der LG Taunusstein und Wolfgang Zieger von NSF Berlin), der Benjamin
war einmal mehr Björn Kuttich vom Offenbacher LC – Jahrgang 1986 und
18. der Gesamtwertung. Nach eigenem Bekunden hat er in den letzten 4
Jahren keinen Lauf mehr nach seinem Vater beendet. Zwei Blinde waren auch
wieder mit von der Partie, einer von ihnen nahm auf einer Etappe seine Hündin
mit, die aber bei km 8 schlappmachte und sich erst mal im Wald am Wegrand
häuslich niederließ. Genauso breit wie das Alterspektrum ist auch die
Leistungsspanne – während die beiden Sieger 4 h und 47 min unterwegs
waren, brauchte das Schlußlicht über 5 h mehr, nämlich 9:51 h. Aufgrund
der vielen LäuferInnen, die jedes Jahr wiederkommen, kennt man sich beim
BGL, was die Stimmung noch zusätzlich wirklich schön macht – sogar die
emsigen Frauen und Männer aus dem Orga-Team begrüßen einen schon mit
„ach ja.. wieder alles altbekannte Gesichter“, was diesen event noch
familiärer macht. Bis
wir am Sonntagabend die heißersehnten (dieses Jahr wunderschön leuchtend
gelben) Finishershirts in Empfang nehmen konnten (dafür stellt sich jeder
gerne an die sich schnell bildende Schlange an!), lag ein langes
Laufwochenende vor uns. Wie definierte passtschon98-Kollesche Gerald
Baudek am Sonntag so schön? „Verrückte Läufer sind immer die, die
mehr machen als man selbst.“ Gut gebrüllt, oder? (Gerald wurde übrigens
Gesamt-41. und ist damit wohl auch verrückter als ich). Los
ging’s am Freitagabend in Hanau auf dem Marktplatz, wo Karl Eyerkaufer
in Teamwork mit VanMan Jochen Heringhaus, der den BGL wieder von der
ersten bis zur letzten Minute begleitete, das so große wie starke
Teilnehmerfeld auf die ersten 15 ½ km schickte. Niederrodenbach war das
Ziel, zum Warmlaufen ist diese erste Etappe sehr gut geeignet, außer
einem kleinen wirklich sanftsanften Anstieg in Hanau und einer Brücke
gibt’s keine zu überwindenden Höhenmeter, die Strecke verläuft,
vollständig asphaltiert, teilweise entlang der Schnellstraße und im
letzten Teil im Wald auf der Strecke der als schnell bekannten
Niederrodenbacher Volksläufe im März und September. Nach dem Lauf löst
sich alles ziemlich schnell wieder auf, die einen verschwinden im
Matratzenlager, die anderen in bereitstehenden Bus, der zurück nach Hanau
fährt, damit die Autos wieder eingesammelt werden können. Das ganze
Wochenende über gibt es immer Buspendelverkehr vom Ziel- zum Startort der
jeweiligen Etappe, damit die fahrbaren Untersätze immer wieder
nachgezogen werden können. Danke noch an den „Kollegen“ der (Tages?)Presse,
der mir schnell mal die Namen der Führenden verriet, damit ich nicht auf
den Ergebnisaushang warten mußte, sondern gleich fahren konnte. Da
in der Regel der Zielort der einen Etappe der Startort der nächsten ist,
geht’s am Samstagmorgen auch in Niederrodenbach weiter – allerdings in
der alten kopfsteingepflasterten Ortsmitte, nicht draußen am Sportgelände.
Die auf dem direkten Weg über die Landstraße nur 3 oder 4 km messende
Distanz nach Neuenhasslau ist hier über Feld- und Waldwege auf 14 km
ausgedehnt und auch noch einigermaßen flach, auch wenn die ersten
Anstiege schon einen Vorgeschmack auf das geben, was da noch kommen wird.
Vorbei geht’s irgendwo in Neuenhasslau übrigens auch am Haus vom Ex-Hürdenläufer
Harald Schmid, der sich aber nicht unter den klatschenden ZuschauerInnen
am Wegesrand befindet. Warm war’s, aber wie auf allen 5 Etappen gab es
wirklich reichlich Verpflegungsstellen, die mit Wasser und Schwämmen
aufwarteten. Um
16.30 h macht sich der Laufhaufen nach einer ausgedehnten Mittagspause auf
Richtung Gelnhausen. Die Pause wird sehr unterschiedlich genutzt, aber
eins ist wohl allen Arten gleich: Ruhe und Regeneration stehen im
Vordergrund. Einige verdrücken sich lieber in die Halle, andere (wir gehören
nach Möglichkeit immer zu diesen „anderen“) liegen auf der
Wiese bzw. in den mitgebrachten Wohnmobilen oder sitzen auf Festzeltbänken
vorm Van von Jochen, der einen Fernseher hingestellt hat, um der laufenden
WM (Fußball, nicht Leichtathletik) Tribut zu zollen. Essen (Nudelsuppe,
belegte Brötchen, Wurst und ... na???? natürlich KUCHEN) und Trinken
gibt’s reichlich zu kaufen, so daß man sich wirklich rundum pudelwohl
und bestens aufgehoben fühlen kann. Die Samstagsnachmittagsetappe mit
Namen „Schneewittchen“ hat es dann schon ein bißchen in sich: 131 m
rauf und 135 m runter hat die Pulsuhr eines Mitläufers angezeigt, die,
barometrisch, außer dem Puls auch die Höhenunterschiede auf der zurückgelegten
Strecke aufzeichnet. Man beendet den Lauf, der über verschiedenste Beläge
führte, auf einer Tartanbahn, begibt sich dann unter die Dusche und evtl.
noch zur (in allen Zielorten kostenlos angebotenen) Massage – und dann
heißt es „Pasta fassen“ – in der Stadthalle findet die abendliche
Nudelparty statt, die mit einer Tombola, auf der es auch immer Freistarts
für das kommende Jahr zu gewinnen gibt, sowie Sanges- und Tanzeinlagen
auch in diesem Jahr wieder aufgelockert wurde. Damit alle die nötige
Nachtruhe bekommen, endet „das große Fressen“ um 22 h. Sonntagmorgen
in Deutschland – im Sommer an vielen Orten Schauplatz diverser Volksläufe,
in Gelnhausen begann um 9 h die 4 Etappe des BGL, die sogenannte Königsetappe
mit Namen „Frau Holle“. Wunderschön ist sie, vor allem da überwiegend
im Wald verlaufend – aber auch megaanstrengend. Die ersten 11 km geht es
mehr bergauf als flach oder gar bergrunter – und ich kämpfte die ganzen
17,5 km mit Magenproblemen, obwohl ich gefrühstückt hatte wie immer. Bei
km 11 ½ ist der höchste Punkt, die berüchtigten 4 Fichten, erreicht und
von nun an geht’s nur noch (teilweise ziemlich steil) bergab nach Wächtersbach.
Wenn ich hier Petra, mit der ich alle 5 Etappen gemeinsam zurücklegte,
und Gunter, der diese Etappe mal mit uns lief, nicht an meiner Seite
gehabt hätte, ich glaube, ich wäre öfter als 2x gegangen und mit
Sicherheit nicht schon nach 1:44 h im Ziel angekommen. Da
der Startort der 5. Etappe das ein paar km entfernt liegende Bad Orb ist,
muß man jetzt in der gegenüber dem Samstag schon verkürzten
Mittagspause noch pendeln. Zuerst fahren 2 Busse nach Gelnhausen zurück,
um die PKW-NachzieherInnen zu versorgen, dann erst werden diejenigen
gefahren, die direkt nach Bad Orb wollen. Vielleicht kann man sich ja bei
der Orga mal überlegen, ob man diese nicht zumindest gleichberechtigt
transportiert statt sie „ewig“ in Wächtersbach warten zu lassen – für
das leibliche Wohl wird nämlich in Bad Orb gesorgt, so daß der Magen
doch ein bißchen länger als vielleicht gewollt auf Füllung warten muß.
Man hängt einfach eine Idee zu lange in W. rum, ist nicht Fisch und nicht
Fleisch, kann sich ja auch nicht hinlegen und den lieben Gott einen guten
Mann sein lassen. Aber grundsätzlich ist dieser Buspendelverkehr, wie
alles beim BGL, bestens organisiert, um 14 h fährt sogar noch ein Bus vom
Zielort des ganzen Laufs, Steinau, nach Bad Orb, damit man die Möglichkeit
hat, das Auto zum abendlichen Heimfahren schon ganz ans Ende zu fahren. Vorm
Start in Bad Orb um 15.30 h konnten wir Zeugen deutscher Beamtengründlichkeit
werden. So langsam versammelte sich die Läuferschar im Startbereich,
Zuschauer gibt’s in Bad Orb auch immer reichlich, weil am BGL-Wochenende
dort immer Kerb ist. Mit der Polizei war wohl vereinbart, daß 5 min vorm
Start kein Auto mehr durchgelassen wird, aber es kam halt, wie es kommen
mußte, 10 min vorher war für die Autos schon kaum noch ein Durchkommen.
Meine Bitte an einen Polizisten, die Autos doch schon mal zu stoppen, er
sehe doch, daß da fast nichts mehr geht und das zudem ja auch noch gefährlich
ist, konterte er mit einem „wir sperren 5 min vorher ab und keine Minute
früher“ – das war 7 min. vorm Startschuß..... Unter
dem Jubel der feiernden Bad Orber Bevölkerung machten wir uns auf die
letzten 18 km. Am Ortsausgang kommt die gefürchtete Rampe (115 Höhenmeter
auf 1,3 km) und dann wird’s läuferisch gemütlich(er), wenn auch
landschaftlich bei Weitem nicht mehr so schön wie vormittags. Ein guter
Teil der Strecke führt einfach durch weites Feld – aber wenn man den
Kinzigstausee erreicht hat, weiß man, daß man schon fast „zuhause“
ist. Ich war ganz schön kaputt und freute mich über eine der vielen
wirklich privaten Verpflegungsstellen, die einige Leute eigentlich für
ihre laufenden Freunde eingerichtet hatten, die aber gerne auch an um in
der Regel vorhandenes Wasser, Cola oder Saft Bittende abgeben. 1 ½ km
vorm Ziel, kurz vorm Ortseingang von Steinau, gibt’s das letzte
offizielle Wasser – und dann hat man’s quasi schon geschafft. Ein Stück
noch durch den Ort und dann hört man hinter einer Kurve schon den VanMan,
der, zusammen mit Hunderten Zuschauern, die letzten Kraftreserven in uns
freilegt, um strahlend über die Zielmatte „Am Kumpen“ laufen zu können.
Und
der Rest? Finishershirt abholen, Gepäck suchen (DAS war 2001 die Gnade
des Ankommens im hintern Feld – kaum noch Gepäck da, man mußte nie
suchen) und dann ab unter die wohlverdiente Dusche. Ein BGL-Spezial ist übrigens
das Gemischtduschen – es gehört zu diesem Lauf wie die ganze entspannte
Atmosphäre der 3 Tage und Siegerbierchen, Grillworscht und Pommes auf dem
schönen alten Platz „Am Kumpen“. Meine
persönliche Erfolgsbilanz dieses Wochenendes: mit einer Gesamtzeit von
7:41:58 h war ich 43 Minuten schneller als letztes Jahr, Platz 353 von 448
Finishern ist sehr viel mehr, als ich erwartet und „eingeplant“ hatte
– und Platz 17 von 35 in meiner Altersklasse bringt mich doch glatt,
wenn auch knapp, in die erste Hälfte der W40. Da habe ich mir dann ja
wohl selbst gut vorgelegt für meinen 3. Brüder-Grimm-Lauf 2003 J.
für laufreport im Juni 2002 |
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