Ein schöner Tag!    

 

Zum 26. Mal findet in diesem Jahr das Oberurseler Brunnenfest statt – und zum zweiten Mal in Begleitung einer sportlichen Veranstaltung, dem Brunnenfestlauf. Zum Silberjubiläum wurde er 2003 aus der Taufe gehoben und ist erstmal auf 5 Jahre angelegt, danach will man sehen, wie’s weitergeht.

 

Die ersten drei Jahre sollen für Christopher Biaesch und sein Team Lehrjahre sein, 2/3 davon sind jetzt um. Die meisten Fehler des Startjahres wurde ausgemerzt, was auch eine andere Streckenführung in der Stadt unabdingbar machte. Jetzt wird die Cityrunde am Ende einfach andersrum gelaufen und schon weiß jeder, wo’s langgeht.

 

Start und Ziel ist am Herzen des Brunnenfestes, dem Marktplatz der Kleinstadt (rund 47.000 Einwohner) im Hochtaunuskreis mit dem St. Ursula-Brunnen, einem von 29 städtischen Brunnen.

 

Von hier aus führt die Strecke zuerst ein Stück durch die Stadt, aber auch hier, direkt hinter dem Marktplatz, gibt’s schon den ersten knackigen Anstieg in der Schulstraße. Auf der Landstraße Richtung Königstein verläßt der Pulk die Zivilisation, um über den Maasgrundweiher direkt in den Wald zu laufen. Bei km 6 trennen sich die gemeinsam gestarteten 10 km- und Halbmarathonläufer. Bis dahin sind die beiden schwierigen Bergaufstücke im Gelände aber schon bewältigt und die Kurzstreckler machen sich schon wieder auf den Heimweg, erreichen bei km 8,7 die Kreuzung Schulstraße etwa 100 m oberhalb des Ziels und müssen jetzt noch mal eine 1,3 km lange Schleife durch Oberursel laufen, wo auch eine Sambaband einheizend auf die wartet.

 

Währenddessen müssen die Halbmarathonis im Wald noch einen Schlenker um den Waldweiher dranhängen, kommen bei km 8 der 10er wieder auf deren Strecke, biegen aber gleich noch mal links ab Richtung Maasgrund und Runde Zwei. Das Ende ist schnell erzählt, ist es doch wieder identisch mit der 10 km-Strecke.

 

Wen immer man nach Zieleinlauf fragte, alle waren voll des Lobs für die Schönheit der Strecke, in der Regel aber mit dem Zusatz „das war aber hart und anspruchsvoll“. Besonders die Halbmarathonis hatten auf der zweiten Runde ordentlich Respekt vor dem schwierigsten Anstieg, der Rodelbahn, kurz vor km 4.

 

Petrus meinte es gut mit Läufern und Zuschauern und so wurde die ganze Veranstaltung von der Sonne ins rechte Licht gerückt. Warm war’s auch, aber eine Verpflegungsstelle mitten im Wald, die von den Hmlern 2x passiert wurde, sorgte für die nötige Flüssigkeitszufuhr.

 

Die Sieger von 10 km, Markus Riefer (SSC Hanau-Rodenbach) und Halbmarathon, Audace Gasagara (neu beim TSV Berkersheim) liefen bis zur Weiche gemeinsam. Riefer stellte kurz zuvor mit einem Seitenblick auf die Startnummer des Manns aus Ruanda erleichtert fest, daß dieser die längere Distanz zu absolvieren gedachte. Die Führungsradfahrer hatten mit den beiden ganz schön zu tun, einer rief schon beim Verlassen der Stadt „die haben ja ein Höllentempo drauf“. Es gab gar einen ganzen Pulk von Radfahrern, da die jeweils ersten 4 oder 5 jedes Laufs begleitet wurden – eine Betreuung mit Seltenheitswert.

 

Markus Riefer lief nach 35:07 min unterm Zielbogen übers Kopfsteinpflaster. Seine Zeit zollt der anspruchsvollen Strecke Tribut, normalerweise läuft er ca. 2 min schneller. Bei seinem nächsten Wettkampf wird er damit kein Problem haben. Nächstes Wochenende stehen die Hessenmeisterschaften über 10.000 m an und die Bahn ist unbestechlich.

 

Zweiter wurde Volker Isigkeit von der LG Eintracht Frankfurt in 36:29 min. Bereits mit 11 Jahren lief der 38jährige seinen ersten Marathon, damals noch im Frankfurter Stadtwald. 1977 war die Zeit der Stadtmarathons noch lange nicht gekommen.

 

Als Dritten vermerkten die Zeitnehmer Oliver Bär. Der Mann vom ACS Licherwald war nach Oberursel gekommen, weil er den Hochtaunuskreis als in Kronberg Arbeitender kennt – und weil’s dieses Wochenende im Gießener Raum nichts zu laufen gibt.

 

46:26 min dauerte es, bis die Frauensiegerin Yvonne Voß als 55. die Ziellinie überlief. Schon zwei Plätze später kam die zweite Frau, Elke Schumacher (FSV Gersthofen) nach 46:49 min wieder auf dem Marktplatz an. Angela Hahn vom TV Kalbach wurde mit 47:56 min Dritte und gleichzeitig Siegerin der W40.

 

Während noch massenhaft 10 km-Läufer und 10 min später gestartete 10 km-Walker ins Ziel kamen, kündigte der nächste Führungsradfahrer schon den Sieger des Halbmarathons an. Audace Gasagara, der Student aus Ruanda, der kürzlich erst mit Andreas Thomasberger zu den Niddaläufern aus Berkersheim wechselte, lief sein einsames Rennen nach 1:15:00 h nach Hause. Und damit stellte er auch einen neuen Streckenrekord auf, unterbot die Siegerzeit von 2003 um rund 2 min. Noch am Vortag war er bei gut 9 km langen einem Benefizlauf an der Nidda mit 30:30 min auf Platz 1 gelaufen, wurde von Spiridoni Bernhard Behle zum Brunnenfestlauf überredet. Der Ruander will in den nächsten beiden Jahren sattelfest werden auf der Halbmarathondistanz, sein Fernziel ist dann natürlich auch ein Marathon, wahrscheinlich in 2006.

 

Eine Minute und 5 sec. hinter ihm wurde Marco Schreck auf dem Marktplatz begrüßt. Der Triathlet vom TV Haibach nahm den Brunnenfestlauf als letzten Lauf-Härtetest für den Ironman Germany in 7 Wochen in Frankfurt und war vollauf zufrieden. Am 2. Berg in der 2. Runde hatte er Audace kurz vor sich gesehen, konnte ihm dann aber bergab nicht mehr folgen.

 

Als Dritter kam Jens Laumann von der TSG Messel nach 1:19:09 h ins Ziel.

 

Die Frauensiegerin wurde im Tumult im Zieleinlauf erstmal übersehen. Sabine Kühne vom SV Funball Dortelweil fing die lange führende Christina Richard vom LC Mengerskirchen noch auf dem letzten Kilometer ab, erreichte das Ziel als 45. nach 1:35:17 h. Die Mutter zweier kleiner Kinder hat offenbar einfach Lauftalent. Wenn sie eine gute Woche hat, kommt sie auf etwa 50 Trainingskilometer, manchmal nicht mal auf 30. Wettkämpfe läuft sie sehr selten. Es kann passieren, daß ihr jährlicher Marathon der einzige Wettkampf im Jahr ist. Ende April war sie beim Weiltalwegmarathon, evtl. folgt zum Jahresende noch Bad Arolsen als reiner Genußmarathon. Dabei ist die Bad Vilbelerin gar keine Berge gewohnt, trainiert sie doch überwiegend entlang der flachen Nidda. Kaum im Ziel, meinte sie auch erstmal „Das war gar nicht mein Lauf heute“ – gut, wenn man dann trotzdem noch gewinnen kann...

 

Die Zweite, Christina Richard, ist im Rhein-Main-Gebiet keine Unbekannte. Letztes Jahr hat sie schon den Halbmarathon beim Stierstädter Kerbelauf gewonnen.

 

Dritte wurde Monika Schmidt in 1:36:26 h. Die Strecke erinnerte sie ein bißchen an den Altköniglauf in Kronberg. Ihr nächstes Ziel ist der Brüder-Grimm-Lauf am kommenden Wochenende. Ab und zu macht sie auch Triathlon, widmet sich aber doch überwiegend der Lauferei.

 

Vier Einlaufplätze und 1:15 min nach ihr kam ihr Namensvetter Winfried Schmidt als Sieger der M60 über die Ziellinie. Der Oberurseler Lokalmatador vom TV Bommersheim wurde vor zwei Wochen 3. seiner Altersklasse beim Ironman auf Lanzarote – und das, obwohl er sich im Frühjahr bei einem Mountainbikesturz eine Rippe gebrochen hatte und wochenlang gar nicht trainieren konnte.

 

Die Zeit bis zur Siegerehrung wurde durch einen 1,6 km-Kinderlauf überbrückt, der um 12.15 h gestartet wurde. Bemerkenswert die Tatsache, daß die Kinder kostenlos starten durften, dazu mußten sie sich nur bis 5 min vorm Startschuß eine Startnummer abholen.

 

Der Lauf nutzt die Logistik des Brunnenfestes, zusätzlich zu den üblichen Festständen wird allerdings auch noch eine Kuchentheke aufgebaut, die noch Geld in die Vereinskasse und Freude ins Gesicht vieler Läufer bringt.

 

Der Vollständigkeit halber soll nicht unerwähnt bleiben, daß man natürlich auch in Oberursel einen Teilnehmerrekord verzeichnen konnte. 343 Halbmarathonis im Ziel, dazu 325 10 km-Läufer, 135 5 km-Finisher sowie einiges an Walkern und Kindern – die 1.000 wurde überschritten. Beim Debut 2003 zählte man etwa halb so viele Teilnehmer.

 

Sicher gab es auch in diesem Jahr noch einige Schwachstellen, wie zum Beispiel der etwas ungeordnete Zieleinlauf, der mit Zielkanälen ganz einfach zu entschärfen wäre, aber die Veranstaltung ist auf dem besten Weg. Zudem sollte man bei so vielen Teilnehmern durchaus darüber nachdenken, 5er-Einteilungen bei den Altersklassen zu werten, bisher gibt es nur eine Zehnjahreswertung. Und der Umstand, daß nur die jeweils erste Frau und der erste Mann jeder Distanz öffentlich geehrt wurde und die AK-Plazierten sich vorne an der Bühne einen kleinen Bembel abholen konnten, wird sicher geteilt angenommen. Die Einen werden froh sein, wenn die Siegerehrung schnell über die Bühne geht, andere finden das etwa lieblos. Das alles sind Themen, die die Mannen um Christopher Biaesch sicher ausführlich diskutieren werden, grundsätzlich kann man mit Sicherheit sagen: ein schöner Tag!

 

Den nächste Herausforderung im Stadtgebiet von Oberursel wartet übrigens am 11. Juli im Stadtteil Stierstadt auf die Läufer. Schauen Sie doch einfach mal unter „Wo läuft’s wie“ im Laufreport unter „Stierstädter Kerbelauf“.

 

Die Ergebnisse vom Brunnenfestlauf gibt’s im Internet unter www.brunnenfestlauf.de

 

für laufreport im Juni 2004