„Aufgeben gilt nicht“ – die Autobiographie des Frank Busemann |
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Ich
hatte mich in den letzten 10 Jahren sehr wenig für die (Stadion)Leichtathletik
interessiert, trotzdem war mir der Name Frank Busemann natürlich ein
Begriff: Zehnkämpfer ist der Mann, ein sehr guter noch dazu, Sonnyboy,
dauernd vom Verletzungspech geplagt. Als ich pünktlich zu Buchmesse las,
daß er seine Autobiographie unter dem Titel „Aufgeben gilt nicht“
herausgegeben hat, wurde ich neugierig. Daß aufgeben nicht gilt, damit
macht ja schon „der kleine Läufer von nebenan“ oft Bekanntschaft,
vielleicht ist dieses Buch ja Motivationsschub, Vorbild, Anleitung?! Jetzt
habe ich es gelesen und würde es mir kein zweites Mal antun. Schon die
erste Seite läßt mich staunen. Frank Busemann hat dieses Buch nicht für
seine Freundin geschrieben, nicht für seine Familie oder sonstige
Personen, denen man üblicherweise ein Buch widmet. An der Stelle, an der
diese Widmungen abgedruckt sind, steht einfach „für mich!“. Es ist
durchaus verständlich, daß man mit seinem Lebenslauf mit sich und seinem
„Schicksal“ nur fertig werden kann, wenn man alles aufschreibt, was
einem auf der Seele brennt. Aber hieße der Schreiber nicht Frank
Busemann, sondern Otto Normalverbraucher, kein Verlag würde so etwas
drucken. Der
Beste in der Welt will er werden, das weiß er schon im zarten
Kindesalter. „Second is first looser“ begleitet ihn von Kleinauf, das
legt er erst sehr spät ab. Endlich eine Freundin will er haben – das
geht so mit 14 los und beschäftigt ihn offenbar in jeder freien Minute.
Aber muß man das in so epischer Breite dem Leser unter die Augen reiben?
Ach ja.. und reich werden will er, unglaublich reich. Und dafür tut er
alles. Vermarktet sich bis zur Erschöpfung. Und zockt und verzockt sich,
wie so viele andere auch, an der Börse. Und
sportlich? Eins ist dem Leser relativ schnell klar: viele seiner
Verletzungen hatte sich Frank Busemann selbst zuzuschreiben. Weil er (ständig)
über seine Grenzen ging, ohne Rücksicht auf seinen Körper sein Ziel,
der Weltbeste und dazu noch unglaublich reich zu werden, schnellstmöglich
zu erreichen versuchte. Einerseits beschreibt er seine Fähigkeit, in
seinen Körper hineinzuhorchen und manchmal schon vor den Ärzten die
Diagnose zu kennen. Andererseits ignoriert er genau diese Zeichen, die
sein Körper ihm sendet, um weiter an seinen Zielen zu arbeiten – und
zerstört seinen Körper damit systematisch. Der Mann ist mit seinen nicht
mal 30 Jahren ein körperliches Wrack: Fuß kaputt, Leisten kaputt,
Ellenbogen kaputt. Nach außen Sonnyboy, nach innen, wenn man dem Buch
glauben darf, voller Selbstzweifel und mit wenig Selbstvertrauen, wenn’s
mal nicht um den Sport geht – so sieht sich Frank Busemann. Irgendwann
merkte er, daß er sich in Raten zerstörte und dann konnte er auch seinen
Rücktritt erklären. Meines
Erachtens hat der Gute eine hartnäckige Profilierungssucht, die zum Schluß
darin gipfelt, daß er seiner Freundin Katrin, nachdem er sie 2000 in
Sydney schon gefragt hatte, ob sie ihn heiratet, ganz am Ende des Buches
einen 2. (öffentlichen) Heiratsantrag macht. Statt so was lange in der Öffentlichkeit
auszubreiten, sollte er vielleicht einfach mal Taten folgen lassen. Aber
wer weiß... eine Hochzeitsfeier ist teuer und Frank Busemann ist
geizig.... Und
ich wäre jedenfalls zu geizig, € 14,80 in diese pubertäre
Selbstdarstellung zu investieren. Lieber
Frank, manchmal zeigt sich wahre Größe im Aufgeben, dazu gehört
manchmal mehr Mut, als auf Biegen und Brechen seinem Körper das
Allerletzte abzuverlangen. Frank
Busemann, Aufgeben gilt nicht Dt.
Sportverlag Gebunden
mit Schutzumschlag ISBN 3-9808147-5-0, € 14,80
für
laufreport im
November 2003
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