Mein erster Crossversuch

Nicht nur Walter sagt immer: Laufe Cross im Winter, das bringt Kraft für die neue Saison. Und weil man das allenthalben hört und ich neugierig bin, habe ich mich entschlossen, das diesen Winter mal in die Tat umzusetzen. Naheliegend erschien es mir, einfach nach Darmstadt auf die Lichtwiese zu fahren und dort meine ersten Crossschritte zu wagen. Das hat ja auch den Vorteil, daß man nach dem eigenen Wettkampf noch der Elite beim Laufen zusehen kann und da dieses Jahr die Quali für die Crosslauf-EM anstand, konnte man sich auf viele bekannte Namen freuen.

 

Naja.. sicher kann man da auch hinfahren und nur zugucken, ohne selbst zu laufen und schnell kamen mir auch Zweifel: Ist das überhaupt was für mich? Was, wenn ich umknicke und meine Bänder übermäßig strapaziere? Was, wenn die Konkurrenz so groß ist, daß ich alleine auf weiter Front hinter allen herrenne? Andererseits: Versuch macht kluch und wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Zudem hatte Conny mir versichert, daß auf der Lichtwiese, zumal im Masters-Lauf für Frauen über 35 auch immer genug Frauen meiner Preisklasse mitlaufen. Also habe ich mich letzte Woche todesmutig angemeldet.

 

Heute in Darmstadt kamen mir dann schon bei der ersten Streckenbesichtigung heftige Bedenken. Da war ein Sandberg aufgeschüttet, den man erklimmen mußte und der so aussah, als ob man das so einfach aus dem Lauf raus gar nicht bewältigen könnte. Ein erster Gehversuch nach oben: ok, Sand ist manipulierbar und man findet Halt, weil man einsinkt, das ist schon was anderes als feste Erde. Trotzdem hatte ich vor der Steigung schon gehörigen Respekt. Veranstalter Wilfried Raatz versicherte mir eine gute Stunde vor Rennbeginn auch noch mal, daß da bestimmt einige ältere Läuferinnen just for fun mitlaufen.

 

Kurz vorm Lauf dann in der Toilettenschlange stehe ich hinter 3 Frauen, eine erkenne ich, es ist W60erin Hannelore Kirchem, die beim HM in Darmstadt als Gesamt-Vierte ins Ziel kam, also um Längen besser läuft als ich. Was ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wußte: die 3 stellten ca. 1/3 des gesamten Frauenmastersfeldes dar, dazu kamen noch Annette Straub, Stefanie Hock und ein paar mir unbekannte Gesichter, dazu massenhaft weibliche Jugend A und B, deren Trikotrücken schon darauf schließen ließen, daß sie nicht zum Spaß anwesend waren. Wer aus Leverkusen, Leipzig usw. nach Darmstadt fährt, läuft nicht einfach nur mal so mit.

 

Der Startschuß knallte und alle rannten los wie von der Tarantel gestochen – und ich hinterher. Und zwar gleich vom ersten Schritt an. Nach dem ersten Erklimmen des Sandbergs nach ca. 200 m hatte ich schon einige Meter Rückstand auf die vor mir Laufende und am Ende der ersten von drei Runden war sie schon 20 m vor mir, mir pfiff die Lunge und die Oberschenkel taten weh. Die ca. 1.270 m war ich in 6:51 min gelaufen, was einem Schnitt von 5:23 entspricht und schon auf Asphalt am Rand dessen wäre, was ich derzeit so schaffe, das Jahr war lang und ich habe viel gemacht, Regeneration ist eigentlich das Zauberwort. Und das noch 2 Runden? Danke – aber NEIN danke! Und so endete mein erster Crossversuch schon nach 1/3 der Strecke.

 

Anschließend hörte ich von verschiedenen Seiten, daß ich mir wohl wirklich die falsche Veranstaltung rausgesucht habe, um mal einen Crossversuch zu wagen. Darmstadt ist einfach (zu) hochkarätig besetzt, der „eher langsamere Volksläufer“ tritt hier in der Regel nicht an. Dafür gibt’s andere Veranstaltungen und mir wurden direkt der Wiesbadener Cross vom TV Waldstraße am nächsten Wochenende oder auch Wolfskehlen am Jahresanfang empfohlen.

 

Fazit: ich werde es bestimmt noch mal versuchen, der Deutsche Crosslaufkalender 2003/2004 liegt hier vor mir auf dem Schreibtisch und ich denke, ich werde schon noch einen für mich passenden Lauf darin finden.

 

für laufreport im November 2003