Gartenfest zwischen und über Weinbergen |
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„Vor
allem das gute Klima und die reizvolle Landschaft zwischen dem Pfälzerwald
und der Rheinebene machen Bad Dürkheim für Gäste und Einheimische
gleichermaßen attraktiv.“ So steht es auf der Homepage der Kreisstadt
Bad Dürkheim geschrieben. Ni Los
geht’s an der Sporthalle der Berufsbildenden Schulen in Sichtweite des
berühmten Bad Dürkheimer Weinfasses und dann weist der Streckenplan längs
des Weges so klangvolle Namen wie Kriemhildenstuhl, Teufelsstein und
Geiersbrunnen aus. Beim Teufelsstein handelt es sich übrigens um einen
Felsen, auf dem nach der Sage der Teufel grummelnd Platz genommen hatte,
weil er beim Bau der gegenüberliegenden Limburg ausgetrickst wurde. Am
Geiersbrunnen bei km 8,4 erklimmen die Läufer dann die schwindelnden Höhen
über eine Naturtreppe. Hier stehen nicht nur alljährlich Zuschauer mit
Kuhglocken, um echtes Berglauffeeling zu transportieren, sondern auch
massenhaft Schaulustige mit gezückter Kamera, um sich das
„Schauspiel“ keuchender und gehender LäuferInnen nicht entgehen zu
lassen. Diese werden allerdings nicht nur beguckt, sondern natürlich auch
noch mit motivierenden Worten und lautstarkem Applaus aufgebaut, um den
kurzen Rest der Strecke hoch erhobenen Hauptes zu absolvieren und die
Ziellinie möglichst mit einem Lächeln zu erreichen. Das
Zielbanner hängt zwischen 2 Bäumen „hoch droben“ beim Bismarckturm,
der von überall aus der Ebene und den umliegenden Weindörfern weithin
sichtbar ist. Bismarcktürme gibt es übrigens weltweit 238 und wer jetzt
neugierig geworden ist, kann ja mal unter www.bismarcktuerme.de
gucken, was es damit auf sich hat. Am Bad Dürkheimer jedenfalls warten
nicht nur warmer Tee und Bananen, sondern auch Orgachef Henning Schneehage
moderierend und das Baumann-Team zeitnehmend auf die abgekämpften
SportlerInnen. Ins Tal geht’s dann wahlweise mit dem Shuttlebus oder
wieder zu Fuß, wobei der kürzeste Weg zurück zum Schulzentrum nur 4,3
km lang ist. Vorher kann man sich oben auch noch in trockene und warme
Kleidung hüllen, die wurde nämlich auch noch auf den Berg transportiert.
Und die war beim Berglauf 2004 auch nötig, denn erstmals meinte es Petrus
nicht so supergut mit den LäuferInnen, schickte kurz vorm Start und gegen
Ende des Zieleinlaufs noch Regen in die Pfalz. Nach
einer heißen Dusche läßt die Nachlaufversorgung so ziemlich keinen
Wunsch offen: die Kuchentheke ist riesig, außerdem werden noch lecker und
liebevoll belegte Laugenbrötchen, Zwiebelkuchen und Federweißer (=
Zwiwwelkuche und Neuer) verkauft. So läßt sich die dazu noch ziemlich
kurze Wartezeit bis zur Siegerehrung gut überbrücken. 70
HelferInnen hat der LC Bad Dürkheim aktiviert, um einen reibungslosen
Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten, die LäuferInnen mußten
„nur noch“ einen Fuß vor den anderen setzen, um die Strecke zu bewältigen. Der
Favorit war Thomas Greger, der sich erst ein paar Minuten vorm Start
nachmeldete und die letzte ausgegebene Startnummer 358 erhielt. Aber schon
nach gut 1,5 km war das Rennen für den Mann vom TV Hatzenbühl beendet,
er mußte mit einer Zerrung aufgeben – nachdem er kurz vorher noch
gemeinsam mit Martin Musial laut plaudernd durch die Weinberge gerannt
war. Die ebenfalls starken Pfälzer Rafael Bender (LC Bad Dürkheim) und
Matthias Hektor (1. FC Kaiserslautern und bis dato führend beim
Berglaufpokal 2004) mußten wegen Magen-Darm-Erkrankungen passen. Der
für den TV Meisenheim startende Martin Musial nutzte die Gunst der Stunde
und gewann im 3. Anlauf ENDLICH (O-Ton Musial) in Bad Dürkheim – und
das bei seinem allerersten Berglaufstart in der schon zuende gehenden
Saison 2004. Dieses Jahr hat er sich mehr auf den Bitburg-Cup in der Eifel
fokussiert. Von 800 m bis 20 km hat Musial alle Strecken im Repertoire,
seine Bestzeiten auf der Bahn liegen bei 1:57 min über 800 und 2:32 min
über 1.000 m. Den Berglauf empfand er als tierisch hart, an den Treppen
am Geiersbrunnen mußte er auch mal die Hände zu Hilfe nehmen. Seinen bis
km 7 auf knapp 200 m angewachsenen Vorsprung konnte er am Ende mit Mühe
ins Ziel retten, der Zweite, Martin Schedler, lief mit 11 sec. nur noch
knapp hinter ihm. Die Zeit des Berglaufpokalsiegers 2003 lag mit 35:14 min
über 3 min über dem Gregerschen Streckenrekord von 32:02 min, aber
aufgrund der Wertungsformel für den Berglaufcup freut eine nicht ganz so
schnelle Siegerzeit alle, die hinter ihm laufen, für die gibt’s dann nämlich
mehr Punkte. Für
den für LTF Marpingen startenden Schedler war dieser Lauf der zweite
Berglauf überhaupt – und somit auch sein erster in Bad Dürkheim. Dritter
wurde Christian Englert vom TV Hatzenbühl, der beim ersten Bad Dürkheimer
Berglauf 1997 den obersten Treppchenplatz zierte. Englert war zufrieden
mit seinem Lauf, auch wenn er schon wesentlich schneller auf dieser
Strecke unterwegs war. Unterwegs guckt er nicht auf die Uhr und dachte
sich beim Zieleinlauf noch, daß bestimmt eine „grottenschlechte“ 37
rausgesprungen wäre – und freute sich um so mehr, daß die Uhr für ihn
bei 35:54 min stehen blieb. Über
die Frauenwertung kann man eigentlich nur sagen „An der Weinstraße nix
Neues“. Zumindest seit 1999 (weiter zurück reicht das Archiv auf der
Seite des LC BD nicht) hat Sabine Rankel, die seit einigen Jahren auch für
den ausrichtenden Verein läuft, den Berglauf jedes Mal für sich
entschieden – dieses Jahr mit dem Handicap eines vor 14 Tagen
angerissenen Bandes. Die Schiene, mit der sie den Berg erklomm, stört die
Überproniererin, weil sie die natürlich Fußfehlstellung „wegdrückt“
und natürlich mußte sie auch mit voller Konzentration laufen, um ein
neuerliches Umknicken zu verhindern. Im Ziel war Sabine dann „fertig wie
ein Reh“ – und mit 44:35 min nur 24 sec. vor ihrer Verfolgerin, Jackie
Chen von der LLG Landstuhl. Die
Amerikanerin ist in der Szene schon dafür bekannt, daß sie immer nur zum
Laufen kommt und wird nie bei einer Siegerehrung gesehen. Wie steht es so
schön in der Ausschreibung u.a. des Hochfelln-Berglaufs? „Die
Siegerehrung gehört zur Veranstaltung“. So nahmen Bekannte aus
Kaiserslautern ihren Preis für sie in Empfang. Platz
3 erlief sich die 20jährige Liv Henriksen aus Kaiserslautern, die als
Gesamt-76. nach 45:40 min das Ziel passierte. Ein
Auge haben sollten die Läufer in der Pfalz sicher auf Leon Koch. Der 10jährige
Bad Dürkheimer läuft mit viel Spaß wie eine Gazelle den Berg rauf und
ist auch auf flachen Strecken sehr fix. Am Samstag lief er als Gesamt-50.
nach 44:17 min zwischen Rankel und Chen am Bismarckturm ein – angefeuert
von seinen Eltern und den drei Brüdern. Jetzt macht er mit der Mama erst
mal Ferien im Schwarzwald, damit der Winzer-Papa zuhause in Ruhe keltern
kann. Natürlich
war die Mehrzahl der 316 LäuferInnen, die den Gipfel erreichten, aus dem
Großraum „Pfalz“, aber es kommen auch immer einige Auswärtige aus
dem Saarland und Hessen nach Bad Dürkheim. In diesem Jahr fanden außerdem
zwei Niederländer den Weg in die Pfalz, die auch tatsächlich in den
Niederlanden wohnen. Vom
gegenüber dem Vorjahr um 50 Cent erhöhten Startgeld von 6 € gehen übrigens
eben diese 50 Cent an die Aktion „die Pfalz läuft für den Dom“.
Gemeint ist der Speyerer Dom, für dessen Restaurierung laufend Euro um
Euro gesammelt wird. In
der Berglaufpokalwertung 2004 führen vor den beiden abschließenden Läufen
am Potzberg und am Kalmit Joachim Transier (LC Schifferstadt und in Bad Dürkheim
5.), Thomas Dehaut (LLG Landstuhl, 5. am Samstag) und Georg Frank
(ebenfalls LLG Landstuhl , 11.). Bei den Frauen steht unangefochten Sabine
Rankel an der Spitze der Liste vor Jackie Chen und W50erin Eleonore
Fischer (LC Bad Dürkheim). Das von Henning Schneehage ausgeklügelte
Wertungssystem wird auch bei anderen deutschen Berglaufcupwertungen
eingesetzt und ist auf der Homepage des LC Bad Dürkheim in aller Ausführlichkeit
nachzulesen. Aus
meiner Sicht paßt dieser Lauf übrigens auch in unsere Rubrik „Reisen
und Laufen“ – einen (verlängerten) Wochenendausflug ist die Pfalz,
zumal zu Weinlese- und Weinfestzeiten, allemal wert!
für laufreport im Oktober 2004
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