Gartenfest zwischen und über Weinbergen   

 

„Vor allem das gute Klima und die reizvolle Landschaft zwischen dem Pfälzerwald und der Rheinebene machen Bad Dürkheim für Gäste und Einheimische gleichermaßen attraktiv.“ So steht es auf der Homepage der Kreisstadt Bad Dürkheim geschrieben. Nicht das Klima zieht seit einigen Jahren am dritten Oktobersamstag ganze Läuferscharen nach „Dörkem“, sondern der Bad Dürkheimer Berglauf, der als 4. von 6 Wertungsläufen zum Pfälzer Berglaufpokal gehört. Die 8,7 km lange Strecke führt die ersten 1,5 km auf asphaltierten Wegen durch die Weinberge und verläuft dann auf reizvollen und technisch anspruchsvollen Waldwegen und Pfaden durch das Naherholungsgebiet im Naturpark Pfälzer Wald. Die Pfälzer sind zurecht stolz auf ihre Umgebung, die sie auch gerne mal den „Garten Gottes“ nennen.

 

Los geht’s an der Sporthalle der Berufsbildenden Schulen in Sichtweite des berühmten Bad Dürkheimer Weinfasses und dann weist der Streckenplan längs des Weges so klangvolle Namen wie Kriemhildenstuhl, Teufelsstein und Geiersbrunnen aus. Beim Teufelsstein handelt es sich übrigens um einen Felsen, auf dem nach der Sage der Teufel grummelnd Platz genommen hatte, weil er beim Bau der gegenüberliegenden Limburg ausgetrickst wurde. Am Geiersbrunnen bei km 8,4 erklimmen die Läufer dann die schwindelnden Höhen über eine Naturtreppe. Hier stehen nicht nur alljährlich Zuschauer mit Kuhglocken, um echtes Berglauffeeling zu transportieren, sondern auch massenhaft Schaulustige mit gezückter Kamera, um sich das „Schauspiel“ keuchender und gehender LäuferInnen nicht entgehen zu lassen. Diese werden allerdings nicht nur beguckt, sondern natürlich auch noch mit motivierenden Worten und lautstarkem Applaus aufgebaut, um den kurzen Rest der Strecke hoch erhobenen Hauptes zu absolvieren und die Ziellinie möglichst mit einem Lächeln zu erreichen.

 

Das Zielbanner hängt zwischen 2 Bäumen „hoch droben“ beim Bismarckturm, der von überall aus der Ebene und den umliegenden Weindörfern weithin sichtbar ist. Bismarcktürme gibt es übrigens weltweit 238 und wer jetzt neugierig geworden ist, kann ja mal unter www.bismarcktuerme.de gucken, was es damit auf sich hat. Am Bad Dürkheimer jedenfalls warten nicht nur warmer Tee und Bananen, sondern auch Orgachef Henning Schneehage moderierend und das Baumann-Team zeitnehmend auf die abgekämpften SportlerInnen. Ins Tal geht’s dann wahlweise mit dem Shuttlebus oder wieder zu Fuß, wobei der kürzeste Weg zurück zum Schulzentrum nur 4,3 km lang ist. Vorher kann man sich oben auch noch in trockene und warme Kleidung hüllen, die wurde nämlich auch noch auf den Berg transportiert. Und die war beim Berglauf 2004 auch nötig, denn erstmals meinte es Petrus nicht so supergut mit den LäuferInnen, schickte kurz vorm Start und gegen Ende des Zieleinlaufs noch Regen in die Pfalz.

 

Nach einer heißen Dusche läßt die Nachlaufversorgung so ziemlich keinen Wunsch offen: die Kuchentheke ist riesig, außerdem werden noch lecker und liebevoll belegte Laugenbrötchen, Zwiebelkuchen und Federweißer (= Zwiwwelkuche und Neuer) verkauft. So läßt sich die dazu noch ziemlich kurze Wartezeit bis zur Siegerehrung gut überbrücken.

 

70 HelferInnen hat der LC Bad Dürkheim aktiviert, um einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten, die LäuferInnen mußten „nur noch“ einen Fuß vor den anderen setzen, um die Strecke zu bewältigen.

 

Der Favorit war Thomas Greger, der sich erst ein paar Minuten vorm Start nachmeldete und die letzte ausgegebene Startnummer 358 erhielt. Aber schon nach gut 1,5 km war das Rennen für den Mann vom TV Hatzenbühl beendet, er mußte mit einer Zerrung aufgeben – nachdem er kurz vorher noch gemeinsam mit Martin Musial laut plaudernd durch die Weinberge gerannt war. Die ebenfalls starken Pfälzer Rafael Bender (LC Bad Dürkheim) und Matthias Hektor (1. FC Kaiserslautern und bis dato führend beim Berglaufpokal 2004) mußten wegen Magen-Darm-Erkrankungen passen.

 

Der für den TV Meisenheim startende Martin Musial nutzte die Gunst der Stunde und gewann im 3. Anlauf ENDLICH (O-Ton Musial) in Bad Dürkheim – und das bei seinem allerersten Berglaufstart in der schon zuende gehenden Saison 2004. Dieses Jahr hat er sich mehr auf den Bitburg-Cup in der Eifel fokussiert. Von 800 m bis 20 km hat Musial alle Strecken im Repertoire, seine Bestzeiten auf der Bahn liegen bei 1:57 min über 800 und 2:32 min über 1.000 m. Den Berglauf empfand er als tierisch hart, an den Treppen am Geiersbrunnen mußte er auch mal die Hände zu Hilfe nehmen. Seinen bis km 7 auf knapp 200 m angewachsenen Vorsprung konnte er am Ende mit Mühe ins Ziel retten, der Zweite, Martin Schedler, lief mit 11 sec. nur noch knapp hinter ihm. Die Zeit des Berglaufpokalsiegers 2003 lag mit 35:14 min über 3 min über dem Gregerschen Streckenrekord von 32:02 min, aber aufgrund der Wertungsformel für den Berglaufcup freut eine nicht ganz so schnelle Siegerzeit alle, die hinter ihm laufen, für die gibt’s dann nämlich mehr Punkte.

 

Für den für LTF Marpingen startenden Schedler war dieser Lauf der zweite Berglauf überhaupt – und somit auch sein erster in Bad Dürkheim.

 

Dritter wurde Christian Englert vom TV Hatzenbühl, der beim ersten Bad Dürkheimer Berglauf 1997 den obersten Treppchenplatz zierte. Englert war zufrieden mit seinem Lauf, auch wenn er schon wesentlich schneller auf dieser Strecke unterwegs war. Unterwegs guckt er nicht auf die Uhr und dachte sich beim Zieleinlauf noch, daß bestimmt eine „grottenschlechte“ 37 rausgesprungen wäre – und freute sich um so mehr, daß die Uhr für ihn bei 35:54 min stehen blieb.

 

Über die Frauenwertung kann man eigentlich nur sagen „An der Weinstraße nix Neues“. Zumindest seit 1999 (weiter zurück reicht das Archiv auf der Seite des LC BD nicht) hat Sabine Rankel, die seit einigen Jahren auch für den ausrichtenden Verein läuft, den Berglauf jedes Mal für sich entschieden – dieses Jahr mit dem Handicap eines vor 14 Tagen angerissenen Bandes. Die Schiene, mit der sie den Berg erklomm, stört die Überproniererin, weil sie die natürlich Fußfehlstellung „wegdrückt“ und natürlich mußte sie auch mit voller Konzentration laufen, um ein neuerliches Umknicken zu verhindern. Im Ziel war Sabine dann „fertig wie ein Reh“ – und mit 44:35 min nur 24 sec. vor ihrer Verfolgerin, Jackie Chen von der LLG Landstuhl.

 

Die Amerikanerin ist in der Szene schon dafür bekannt, daß sie immer nur zum Laufen kommt und wird nie bei einer Siegerehrung gesehen. Wie steht es so schön in der Ausschreibung u.a. des Hochfelln-Berglaufs? „Die Siegerehrung gehört zur Veranstaltung“. So nahmen Bekannte aus Kaiserslautern ihren Preis für sie in Empfang.

 

Platz 3 erlief sich die 20jährige Liv Henriksen aus Kaiserslautern, die als Gesamt-76. nach 45:40 min das Ziel passierte.

 

Ein Auge haben sollten die Läufer in der Pfalz sicher auf Leon Koch. Der 10jährige Bad Dürkheimer läuft mit viel Spaß wie eine Gazelle den Berg rauf und ist auch auf flachen Strecken sehr fix. Am Samstag lief er als Gesamt-50. nach 44:17 min zwischen Rankel und Chen am Bismarckturm ein – angefeuert von seinen Eltern und den drei Brüdern. Jetzt macht er mit der Mama erst mal Ferien im Schwarzwald, damit der Winzer-Papa zuhause in Ruhe keltern kann.

 

Natürlich war die Mehrzahl der 316 LäuferInnen, die den Gipfel erreichten, aus dem Großraum „Pfalz“, aber es kommen auch immer einige Auswärtige aus dem Saarland und Hessen nach Bad Dürkheim. In diesem Jahr fanden außerdem zwei Niederländer den Weg in die Pfalz, die auch tatsächlich in den Niederlanden wohnen.

 

Vom gegenüber dem Vorjahr um 50 Cent erhöhten Startgeld von 6 € gehen übrigens eben diese 50 Cent an die Aktion „die Pfalz läuft für den Dom“. Gemeint ist der Speyerer Dom, für dessen Restaurierung laufend Euro um Euro gesammelt wird.

 

In der Berglaufpokalwertung 2004 führen vor den beiden abschließenden Läufen am Potzberg und am Kalmit Joachim Transier (LC Schifferstadt und in Bad Dürkheim 5.), Thomas Dehaut (LLG Landstuhl, 5. am Samstag) und Georg Frank (ebenfalls LLG Landstuhl , 11.). Bei den Frauen steht unangefochten Sabine Rankel an der Spitze der Liste vor Jackie Chen und W50erin Eleonore Fischer (LC Bad Dürkheim). Das von Henning Schneehage ausgeklügelte Wertungssystem wird auch bei anderen deutschen Berglaufcupwertungen eingesetzt und ist auf der Homepage des LC Bad Dürkheim in aller Ausführlichkeit nachzulesen.

 

Aus meiner Sicht paßt dieser Lauf übrigens auch in unsere Rubrik „Reisen und Laufen“ – einen (verlängerten) Wochenendausflug ist die Pfalz, zumal zu Weinlese- und Weinfestzeiten, allemal wert!

 

für laufreport im Oktober 2004