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Der
Halbmarathon ist tot, es lebe der Halbmarathon. So ähnlich könnte man
wohl bezeichnen, was dem traditionellen Frankfurter Halbmarathon von
Deutschlands größtem Laufverein, passiert ist. Wegen des Umbaus des
Waldstadions bzw. des Komplettabrisses der Leichtathletikanlagen konnte
der Lauf nicht mehr so bestehen bleiben, wie man ihn gewohnt war. Und wenn
schon was anderes, dann auch gleich richtig. Das war die Überlegung der
Verantwortlichen bei Spiridon Frankfurt – und schon war der erste City
Halbmarathon Frankfurts beschlossene Sache. Ausgangs- und Endpunkt für
die neue Strecke ist das Nordwestzentrum, ein Einkaufszentrum, das Anfang
der 90er Jahre einen Preis für das beste sanierte Einkaufszentrum Europas
bekommen hat. Ich bin mit diesem Zentrum aufgewachsen, um so gespannter
war ich, wie es sich in Läuferhand machen wird. In
der Titustherme wimmelte es morgens vor Läufern, die auf dem Weg waren,
in der angeschlossenen Sporthalle ihre Startnummer abzuholen – und hier
gab’s schon die erste positive Überraschung. War dieses Prozedere in
den beengten Räumlichkeiten im Waldstadion immer chaosgleich, ging heute
früh alles reibungslos und vor allem schnell über die Bühne. Ein paar
Teilnehmer beklagten sich über Schwierigkeiten, zeitnah einen Parkplatz
zu bekommen, aber nach allem, was man so hörte, muß das Schlangenproblem
nur innerhalb eines ziemlich kleinen Zeitkorridors bestanden haben. Über
3.000 waren vorangemeldet, Nachmeldungen noch möglich, 2.523 im Ziel –
wie viele tatsächlich über die Startmatten liefen, kann man bestimmt in
den nächsten Tagen auf der Veranstaltungsseite nachlesen. Los
ging’s um 9 h bei 8° C und 65% Luftfeuchtigkeit – es war also doch
recht frisch und die Frankfurter City ist ja noch zusätzlich für ihren
Wind berüchtigt, der die gefühlte Temperatur auch eher nach unten fallen
ließ. Und so war es wie immer bei diesen Temperaturen: von „ganz
kurz“ bis „ganz dick“ sah man alle möglichen
Kleidungszusammensetzungen. Und daß die Kleiderfrage auch bei Spitzenläufern
nicht immer und unbedingt mit „ganz kurz“ beantwortet werden muß,
zeigt die Tatsache, daß Starläuferin Luminita Zaituc,
Silbermedaillengewinnerin bei der EM in München 2002 über die
Marathondistanz, mit langen Hosen und langem Shirt antrat. Die
ersten Kilometer gehörten der Schnellstraße „Rosa-Luxemburg-Str.“,
die die Innenstadt mit den nordwestlichen Frankfurter Stadtteilen
verbindet. Dieser Streckenteil ist wirklich nicht attraktiv, auch wenn man
über Kleingärten und einen Teil des Niddaparks, das Bundesgartenschaugelände
von 1989, läuft. Die Farbe des Himmels trug noch zusätzlich dazu bei, daß
alles grau in grau erschien. Über die Hansaallee und den unteren Teil der
Eschersheimer Landstr. verläuft die Strecke bis zum Eschenheimer Tor, wo
man das km-7-Schild passiert und auf 2 Runden durch die Stadt geschickt
wird. Bleichstr. – Kurt-Schumacher-Str. – Mainkai – Theaterplatz
(oder besser: Willy-Brandt-Platz) – Kaiserstr. – Hauptwache – Große
Eschenheimer Str. – und schon ist man wieder am Tor.
Frankfurt-Marathonis kennen einen Teil der Strecke vom D-Day im Oktober.
Und nach der 2. Stadtrunde geht’s dann den gekommenen Weg über
Eschersheimer, Hansaallee und Rosa-Luxemburg wieder zurück ins
Nordwestzentrum. Der Rückweg zieht sich ziemlich, da er auch noch
meistenteils leicht nach oben ansteigt. Die in der Ausschreibung
angegebenen 23 m Höhendifferenz beschreiben nur den Unterschied zwischen
höchstem und tiefstem Punkt, nicht aber die tatsächlich über die
wellige Strecke zu überwindenden Meter. Nichtsdestotrotz ist die Strecke
eher schnell als bremsend (O-Ton der dritten Frau, Petra Wassiluk: „ich
bin schon langsamer gelaufen“ – dabei wollte Petra doch eh nur ein
lockeres Trainingsläufchen absolvieren). Auch
wenn sich das alles ganz gut liest, die Strecke hat ein großes Handicap
und das heißt: 2. Cityrunde. Hier laufen die Schnellen (und das heißt in
dem Fall Läufer bis ca. 1:50 h Endzeit) in die Langsamen rein und werden
wie durch eine Mauer gebremst, müssen sich dann im Slalom ihren Weg
suchen und das kostet Zeit und vor allem auch Kraft. Abhilfe würde schon
das Absperren der rechten Streckenhälfte durch Hütchen schaffen – die
in großem Abstand aufgestellten „Links laufen“-Schilder reichen
jedenfalls nicht. Von Veranstalterseite war aber auch schon zu vernehmen,
daß man darüber nachdenkt, die 2. Runde zugunsten einer größeren
ersten fallen zu lassen. Dieses Durcheinandergelaufe führte auch dazu, daß
die Schnelleren an der leider nur einseitig aufgebauten Verpflegungsstelle
an der Hauptwache teilweise Schwierigkeiten hatten, an die Getränke zu
kommen. Was
„uns da hinten“ eher nicht mehr störte, machte den Spitzenläufern
zusätzlich zu schaffen: der Wind. Wer teilweise recht einsam auf weiter
Flur läuft, hat keine Chance, sich Windschatten zu suchen. Und dann
passieren solche Nettigkeiten am Rande, wie daß der Pole Tomas Wilczynski
(am Ende 6. mit 1:10:44 h) bei km 6 auf den ihm im größeren Abstand
folgenden Alexander Hempel wartet, damit man sich gegenseitig durch den
Wind helfen kann. Letzterer erklärte sich ab km 10 bereit, einige
Windschatten für die von Anfang an führende Luminita Zaituc zu bieten.
Diese hatte zwar einige Läufer im Schlepptau, die sich aber lieber von
ihr ziehen ließen. Zumindest konnte sie, wie sie im Interview auch bestätigte,
die Gunst der die erste Frau begleitenden Inlineskater von der Truppe der
tuesday-night-Skater nutzen und das „Bad in der Menge“ machte ihr
keine Probleme. Der Weg nach Frankfurt hat sich für die zierliche
Mittdreißigerin einmal mehr gelohnt. Im
Ziel begann dann der zweite Halb-Marathon, nämlich der ewig lange Weg
hinauf ins Einkaufszentrum zur Zielverpflegung. Liebe Freunde von Spiridon:
hier müßt Ihr wirklich was tun, das war ein Kritikpunkt, der mir fast
von allen Seiten entgegengerufen wurde. Alles in allem ist das Debut
wirklich gelungen, kleine Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Ich habe
mit vielen Aktiven gesprochen, die meisten fanden die Strecke richtig gut,
ein paar gab es natürlich, denen die Waldrunde besser gefallen hat. Der
ETSV Lauda (das liegt in der Nähe von Heilbronn) z.B. reist jedes Jahr
extra im Pulk zum Halbmarathon an und die Jungs und Mädels (dieses Jahr
ein rundes Dutzend) waren einstimmig begeistert. Fast ausnahmslos wurde
das Gewusel auf der Innenstadtrunde bemängelt. Frank Zimmer (LG Eintracht
Frankfurt, 14. Mann mit 1:13:40 h) bemängelte diesen Teil des Kurses als
„schlimm“, Joyce Kandie, 2. Frau mit fast 7 min Rückstand auf „Lumi“
befand gar „the Joggers were a problem“ – und meint mit
„Joggers“ immerhin auch noch Läufer, die im vorderen Drittel
mitlaufen. Und
hier noch einige Stimmen und Anekdötchen: Jürgen
Zehnder vom TSV Pfungstadt machte heute seinem Namen Ehre und wurde
Zehnter im Gesamteinlauf. Seine 1:11:54 h reichten ihm trotzdem nur zum 6.
Platz in der stark besetzten Altersklasse M20. Seiner Freundin Tanja Jones
erging es da besser, sie wurde in der W20 2. mit 1:27:07 h. Die
für den ASC Darmstadt startenden Brüder Gamachu und Eba Roba wurden
Dritter und Vierter in der Gesamtwertung. Sie beurteilten die Strecke als
„gut“, das Wetter als „zu kalt“, ursprünglich hätten sie 1:04 h
laufen wollen (letztlich waren’s 1:07:26 und 1:07:49 h). Allein.. mir
fehlt der Glaube – in Mörfelden Mitte Januar liefen die beiden bei –
10° noch im Singlet durch den Wald... Bei der Siegerehrung freute sich
der Moderator übrigens, 2 Läufer aus Hessen aufs Treppchen rufen zu können.
Naja.. die beiden kommen wohl eher aus Hessisch-Äthiopien, wo immer das
auch liegen mag. Rene
Witt von der LG Vogtland kam als Zweiter nur 2 Sekunden hinter dem Sieger
Gabriel Mutai (Kenia, 1:06:07 h). Das bedeutet für das noch junge Jahr
2003: Deutsche Jahresbestzeit. Beim Veranstalter hatte man Witt nicht auf
der Rechnung, sein Name war hier eher unbekannt. Die
A-Jugendliche Martina Maul vom Offenbacher LC kam als vierte Frau mit
1:21:10 h ins Ziel – und hatte nach eigenem Bekunden auf der für sie
kurzweiligen Strecke auch beim Überrunden keine Probleme, allerdings gab
sie zu, mit bodyguards unterwegs gewesen zu sein – die machen den Weg
frei. Spiridon
Frankfurt als ausrichtender Verein hat so viele helfende Hände aktiviert,
daß sogar 82 „eigene Läufer“ ins Ziel laufen konnten. Bitter, daß
nicht mal die Athletinnen aus den eigenen Reihen es für nötig befinden,
komplett zur Siegerehrung zu kommen und ihre Preise in Empfang zu nehmen.
Das ist kein schöner Zug gegenüber den vielen LäuferInnen, die mit
ihrem Startgeld auch den eigenen Verein unterstützen. Aufgrund
des extra ins Leben gerufenen verkaufsoffenen Sonntags im Nordwestzentrum
gab es zur Siegerehrung viele Zuschauer, die normalerweise mit der
Lauferei wenig bis keine Kontakte haben und diese Menschenmenge machte den
Abschluß dieser gelungenen Veranstaltung denn auch sehr gesellig. Und wer sich jetzt bis zum Ende gefragt hat, woher meine Überschrift denn stammt, dem lüfte ich auch noch dieses Geheimnis: Ronald Vetter und ich haben morgens Joyce Kandie und Gabriel Mutai beim Warmlaufen getroffen – und da wir uns nicht sicher waren, tatsächlich die angekündigten kenianischen Laufstars vor uns zu haben... und fragen ja nichts kostet... (im Gegenteil, es brachte sogar ein Lächeln ein).
für laufreport im März 2003 |
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