Das gewisse Etwas

Beim 5. Termin der 21. Goldbacher Wintercrosserie war LAUFREPORT zum 3. Mal vor Ort, die Strecke ist also ausreichend beschrieben. Der Redaktionsauftrag lautete daher: „Versuche doch mal, herauszubekommen, warum dieser Lauf so kultig ist, daß jeden Sonntag rund 700 LäuferInnen an den Start gehen“.

 

Der Duden sagt zum Wort Kult-: drückt in Bildungen mit Substantiven aus, daß jemand. oder etwas höchste Verehrung, Bewunderung von einer speziellen Anhängerschaft genießt, die eine starke emotionale Beziehung zu dem Objekt ihrer Verehrung entwickelt,.

 

Wenn man ein bißchen nach Kult-Definitionen googled, bekommt man vor allem listenweise Kultiges ausgeworfen: in die Rubrik „Filme“ fallen z.B. die Rocky Horror Picture Show, Blues Brothes und Harold & Maude. Seinen Ursprung findet dieser Begriff allerdings (natürlich) in religiösem Umfeld. Damit hat die Laufbewegung nun wahrlich nichts zu tun, viel eher würde sie wohl ins Unterhaltungsgenre passen. Und in diese Richtung liefen auch einige Statements derer, denen ich die Frage „Warum kommst Du immer wieder hierher?“ oder alternativ „Warum ist dieser Lauf solch ein Kult geworden?“ gestellt habe.

 

„Oh.. gute Frage“ hörte ich ziemlich oft und „tja, das frage ich mich manchmal auch“ – und Letzteres auch und vor allem aus Mündern von langjährigen Freunden dieser Veranstaltung. Es gab aber auch jede Menge Weil’s:

 

-          weil die Strecke so schön ist

-          weil die Strecke so anspruchsvoll ist

-          weil ich hier immer wieder dieselben Leute treffe und Spaß mit ihnen habe

-          weil der Lauf trotz seiner Größe so familiär geblieben ist

-          weil die Veranstalter sich so viel Mühe geben und sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen

-          weil ich mich so auch in der kalten dunklen Jahreszeit motivieren kann, sonntags morgens das Bett gegen die Laufschuhe einzutauschen

-          weil ich hier viel Veranstaltung für wenig Geld geboten bekomme

-          weil er einfach da ist

-          weil er direkt vor meiner Haustür ist

-          weil er so oft stattfindet und man sich nicht dauernd wechselnde Serientermine merken muß

-          weil’s gerade in der kalorienreichen Winterzeit gut tut, einen Fixtermin zu haben, um dem Speck zu begegnen.

 

Es gab durchaus auch Läufer, die meinten, sie dächten gar nicht mehr darüber nach, ob sie nun mitlaufen oder nicht, sie täten es einfach und das zum Teil schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Und dafür reisen sie sogar zum Teil jedes Mal 80 km an, bringen auch zum einen oder anderen Termin mal Freunde mit und nicht selten kommt es vor, daß diese auch infiziert werden vom Goldbach-Virus.

 

Der heiße Zieltee wird übrigens nicht nur an die Läufer verteilt, sondern auch an die frierenden Angehörigen, die auf die Ihren warten. Zur heutigen Nikolausvariante der Laufserie gab es außerdem für jeden, ob LäuferIn oder ZuschauerIn, noch eine Schokovariante des Manns im roten „Kittel“.

 

Wer anschließend noch etwas Zeit mitbringt (und irgendwie gehört ja auch das zu einem schönen Laufsonntag), begibt sich aus dem Welt runter in den Ort, zur berüchtigten TV-Ranch, dem Vereinsheim des TV Goldbach. Hier gibt’s reichlich Kuchen (heute, am 07.12.!, frisch gebackenen Zwetschgenkuchen) und Getränke, nette Gespräche in gemütlich-warmer Enge und hin und wieder sogar Unterhaltung durch Live-Musik. Auch das gehört zum Goldbacher Wintercross wie die langen Steigungen im Wald und die reich bebilderten Ergebnislisten des letzten Laufes zum Mitnehmen morgens oben Start-Ziel-Bereich. Am Lauftag selbst kann man die Ergebnisse erst abends im Netz einsehen, ein Wettkampfbüro vor Ort gibt es nicht, lieber trinkt das Orgateam noch ein wohlverdientes Bierchen mit den Laufaktiven des Vormittags.

 

Am heutigen Sonntag war’s zum wohl ersten Mal in diesem Herbst überhaupt knackig kalt, die Quecksilbersäule im Thermometer war unter 0 gerutscht. Dafür kam aber schon morgens beim Hellwerden die Sonne raus und bescherte allen ein schönes Lauferlebnis. Wie so oft hatten die Minustemperaturen einige nicht davon abgehalten, in kurzen Hosen auf die Strecke zu gehen. Da fiel der Sieger Lothar Leder (neu für die TuS Griesheim startend) richtig auf, der lang-lang-Mütze gewählt hatte. Nach Hawaii hat er gerade erst wieder das Training aufgenommen und wird in den nächsten Wochen öfter mal bei Volkslaufveranstaltungen (z.B. beim Silvesterlauf in Frankfurt) zu sehen sein, um nicht alleine Tempotraining machen zu müssen. Mit einem neuen Saisonstreckenrekord von 35:20 min bewies er, was er auch nach wochenlanger Pause draufhat. Er war das allererste Mal im Wald über Goldbach am Start und ebenfalls begeistert von der schönen und anspruchsvollen Strecke.

 

Auf dem für ihn schon gewohnten 2. Platz folgte ihm Ronald Rauter direkt auf dem Fuß, nämlich nur eine Hundertstel Sekunde später. Platz 3 ging mit 36:15 min an den letztjährigen Gesamtsieger Marco Schneider. Er hat aber für diesen Winter andere Pläne und geht in Goldbach nur selektiv an den Start. Ganz ohne Goldbach geht’s für ihn aber auch nicht, nachdem er hier schon ca. ein Jahrzehnt mitläuft. Helmut Marenholz, der die Termine 2 bis 4 in Goldbach gewonnen hatte, fehlte heute – er hat gestern erst den 10er in Jügesheim als Sieger absolviert.

 

Der Zieleinlauf von Siegerin Alexandra Bott (SSC Hanau-Rodenbach) wurde von einem lauten Schrei begleitet – der Blick auf ihre Uhr zeigte ihr nicht genau an, ob sie es denn diesmal geschafft hatte, unter 40 min zu bleiben. Auch das ein Service der Goldbacher: die Siegerin wird sofort von Günther Wenzel zur Zeitnahme begleitet, um die genaue Zeit zu erfragen. Nach 40:52 und 40:00 bei ihren beiden letzten Siegen stehen für Alexandra diesmal 39:59 min zu Buche – na endlich!. Sie selbst hält seit dem 14. Januar 2001 mit 39:12 min den Streckenrekord. Gestern in Jügesheim war die 24jährige noch 2. hinter Karin Straub. Nach ihr kamen diesmal mit Katja Frieländer (42:48 min) und Regina Blatz (43:13 min) zwei ebenfalls „alte Bekannte“ ins Ziel.

 

Der letzte Laufsonntag 2003 ist der 14. Dezember – und da gibt’s dann für jeden Finisher direkt beim Zieleinlauf einen frisch gebackenen Hamburger – wißt Ihr jetzt, warum Goldbach Kult ist?

 

Ergebnisse und noch mehr Infos gibt’s unter www.wintercross.de

 

für laufreport im Dezember 2003