Doppelt hält besser

Das ist das Motto des ersten vom TV Hohne ausgetragenen „Hohner Doppelpack“. Und „doppelt“ heißt in diesem Fall doppelt doppelt. Erstens steht „doppelt“ für 2 Etappen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen und zweitens für zwei angebotene Wettbewerbe. Das Hohner Doppelpack mißt insgesamt 50 km, 26 werden am Samstagnachmittag und die übrigen 24 am Sonntagvormittag gelaufen. Für die, denen das (noch) zu viel ist, wird außerdem das sogenannte Doppelpäckchen angeboten: 2x 13 km zur selben Startzeit. Zudem finden am Samstagnachmittag noch Bambini- und Schülerläufe über 400 bzw. 1.609 m statt.

 

Ursprünglich gab’s in Hohne, dem Ort des im Herbst stattfindenden Teutolaufes mit ca. 1.000 TeilnehmerInnen (www.teutolauf.de) zu diesem Maitermin einen „normalen“ 10er, aufgrund der stagnierenden Teilnehmerzahlen der letzten Jahre überlegten sich der umtriebige Uwe Laig und die Seinen, daß es doch mal was anderes sein könnte. Inspiriert durch den Brüder-Grimm-Lauf im Juni 2002 wurde alsbald das Doppelpack aus der Taufe gehoben, schon im September 2002 hatte Uwe beim nahegelegenen Münster-Marathon einen Infostand zum Lauf.

 

Durch die späte Startzeit am Samstag (16 h) kann man auch aus 300 km Entfernung bequem am gleichen Tag anreisen und umschifft damit sowohl eine zweite Übernachtung als auch die allgegenwärtigen Freitagsstaus. Treffpunkt der Läuferschar ist im Stadion, von dort wurden wir aber erst mal gut einen Kilometer Richtung freies Feld zum Start geführt. Und weil Läufer im Pulk nicht einfach gehen können, setzte sich die Schar alsbald in Laufbewegung, was in den hinteren Reihen zu der Vermutung führte, daß es einen fliegenden Start gegeben hätte, dessen Schuß wir nicht gehört haben. Aber dem war nicht so, irgendwann standen wir am richtigen Start und wurden mit einem Knall auf die Strecke geschickt. Der Samstagnachmittag steht unter dem Motto „Feld und Flur und ist brettflach. Ein Handicap war allerdings eingebaut, zu dem die 100 quirligen HelferInnen an der Strecke und auf dem Sportgelände im Lengericher Ortsteil Hohne nun wirklich nichts konnten: es stürmte. Und irgendwie hatten wir so was wie „Kreiselwind“, der kam nämlich so gut wie nie von hinten, immer nur von rechts, links und frontal von vorne. Das war sehr anstrengend und kraftzehrend, der Zweite des ersten Tages und der Gesamtwertung, Gerald Baudek aus Recklinghausen, meinte, er habe teilweise mehr windbrechend auf den Boden gesehen als nach vorne. Teilweise fegten uns die Böen die Erde von den Feldern unangenehm in Augenhöhe über den Weg. So war’s manchmal etwas mühselig, sich die schönen norddeutschen Klinkerhäuser anzusehen und die Landschaft zu genießen. Dazu kam noch, daß nur sehr wenige langsamere LäuferInnen sich die langen Strecken zugemutet hatten und man selbst bei einem Schnitt von deutlich unter 6 min/km allein auf weiter Flur und am Ende des Feldes lief. So endete für mich der erste Tag ziemlich frustriert und frustrierend und dem konnte auch der Hohner Stadionsprecher mit seinen Wortspielereien wenig entgegensetzen. Die 13 km-Strecke verlief übrigens die ersten 5 km auf der längeren und auch am Ende kamen die beiden Strecken wieder zusammen, die Kurzläufer nahmen also quasi einfach eine Abkürzung.

 

Wer eine längere Anreise hatte, konnte wahlweise auf einer Wiese neben der Hohner Grundschule campen oder die Matten der dazugehörigen Turnhalle okkupieren. Das Hallenangebot nahmen nur insgesamt 15 Nasen wahr und so kehrte schon früh die nötige Ruhe ein. Ab 6.30 h gab’s für nur 4 Euro ein ausführliches und vielseitiges Frühstück und so konnte wir uns wohlgenährt auf den Weg zum Stadion machen, um den 2. Tag in Angriff zu nehmen.

 

Wieder traf man sich auf dem grünen Rasen und ging zusammen zum Start, diesmal auf der anderen Seite der Grundschule. Um 9.30 h hallte der Startschuß und wir wurden losgelassen auf die anspruchsvolle 2. Etappe namens „Berg und Tal“, die ihrem Namen wirklich alle Ehre machte. Sie wies einige negative Geh-Fälle auf, die meisten würden „giftige Steigungen“ (bis zu 15%) dazu sagen. Diese Etappe wird überwiegend auf den Wegen des Teutoburger Waldes gelaufen, die sehr uneben, teils aufgeweicht und glitschig und nicht unbedingt einfach zu laufen waren, bei km 20 warteten zudem 76 steile Stufen auf uns. Kurz darauf kommt man am höchsten Punkt der Strecke an, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick genießen kann, der fast dazu auffordert, sich auf die vorhandenen Bänke zu setzen und so schnell nicht wieder aufzustehen. Aber diese Strecke war trotzdem völlige Freude und schon bei km 4 fand ich den Laufgenuß wieder, den ich gestern verloren hatte, er lag da einfach vor mir auf der Strecke, ich mußte ihn nur einsammeln. Auch hier liefen die „Kurzstreckler“ anfangs wieder mit uns, bei km 4 trennten sich heute unsere Wege.

 

Dieses Laufevent ist genauso liebevoll wie aufwendig organisiert. So gibt es auf den langen Strecken je 3-4 Verpflegungsstellen, die außer mit dem üblichen Wasser auch noch mit Cola, Tee, Iso und Bananen und so manch freundlichem Wort aufwarten. Nach dem Lauf heute gab’s eine Tombola, Wein für die Sieger aller Alterklassen, Weinprobiergläschen für die jeweils 2. und 3. der Altersklassen und einiges an Essen, so auch Erbsensuppe in zwei unterschiedlich großen Portionen für den kleinen und den großen Hunger aus der Gulaschkanone. Die ersten 150 Voranmelder bekamen zudem ein T-Shirt – und das alles für nur 15,50 Euro für das Doppelpack und sogar nur 7,50 Euro für sein kleines Geschwisterchen. Übrigens konnten auch Einzeletappen gemeldet werden, was einige LäuferInnen in Anspruch nahmen. In der Turnhalle hatte man umfangreiche Informationen in Wort und Bild aufgebaut, damit sich Interessierte vorher schon ein Bild von dem machen konnten, was sie erwartete – so man die Informationen nicht vorher schon von der sehr ausführlichen Homepage gesaugt hatte.

 

„Doppelt hält besser“ ist wohl auch das Motto von Birgit Lennartz, die nach ihrem Sieg beim Weiltalweg letzte Woche (LAUFREPORT berichtete) gleich noch einen draufsetzte und auch das Doppelpack für sich entschied. War ihr Vorsprung vor der Zweiten, Elisabeth Rewer aus Steinfurt, am Samstag noch recht gering (12 sec.), so zeigte sie am Sonntag, daß ihr das Hügelige mehr liegt und baute ihn auf fast 6 min aus. Für die 50 km brauchte sie insgesamt 3:41:26 h, Elisabeth 3:3:47:01 h und als Dritte erreichte Dorothee Maneke vom TSV Ladbergen gestern wie heute die Ziellinie, insgesamt brauchte die erst 23jährige 4:14:14 h.

 

Auch bei den Männern war die Reihenfolge nach dem zweiten Lauf unverändert gegenüber dem Vortag. Es siegte Rainer Hilt von der LG Elmsdetten in insgesamt 3:17:16 h. Rainer war z.B. 2002 Zweiter beim Sparkassen-Marathon in Duisburg. Ihm folgte Gerald Baudek (passtschon98) in 3:20:09 h, nachdem sein Rückstand nach der ersten Etappe nur 24 sec. betrug. Dritter wurde einer der vielen Niederländer im Feld: M45er Henk Beursgens (SLT Utrecht) hatte am Ende nur noch denkbar knappe 14 sec. Rückstand auf Gerald. Insgesamt liefen übrigens 116 LäuferInnen beide Doppelpack-Etappen.

 

Auch die SiegerInnen des Doppelpäckchens sollen natürlich nicht unerwähnt bleiben. Daniel Hackl (BV Garrei) gewann überlegen in 1:35:01 h vor Christian Prigge (Marathon Ibbenbüren) in 1:38:59 h und Tobias Remke (Warendorfer SU Tri-Team) in 1:46:13 h. Bei den Mädels siegte unangefochten Birgit Kampelmann (TV Kattenvenne) in 2:00:22 h vor der W50erin Traute Abu Ajamieh, die eigentlich vom Ultra kommt und 2:06:07 h brauchte. Dritte war hier Mathilde Wilmes vom TV Mesum in 2:07:17 h.

 

Bemerkenswert in der Ergebnisliste des Doppelpacks ist sicher noch der Läufer auf Rang 65: Dietmar Beiderbeck (www.beiderbeck.de/didi) ist so gut wie blind, kann inzwischen nur noch hell und dunkel unterscheiden. Der 37jährige Physiotherapeut läuft seit über 30 Jahren und am liebsten Landschaftsläufe. Den Brüder-Grimm-Lauf ist er schon ein paar Mal gelaufen und wird dort auch 2003 wieder anzutreffen sein. Sein Guide Georg Braungart, der in Hohne mit an Bord war, wird ihn dort über alle 5 Etappen begleiten. Dietmar würde auch gerne erstmals die Jungfrau laufen, sucht aber noch einen Mitläufer, da keiner seiner 10 üblicherweise abwechselnden Guides Lust und/oder Zeit für diese Strecke hat. Dietmar verständigt sich mit seinen Guides auch und vor allem verbal und hat so schon 65 Marathons und 59 Ultras hinter sich gebracht, zuletzt den Zürich-Marathon in 3:48 h.

 

Doppelpack und –päckchen im Web unter: http://www.tvhohne.de/doppelpack.htm

 

für laufreport im Mai 2003