Die Hände zum Himmel, kommt laßt uns fröhlich sein...

  .. so sah es zumindest kurz vor 9.30 h in Egelsbach aus, als der Start des Halbmarathons kurz bevorstand. Eine Fitneßtrainerin stand auf der Hebebühne über den Köpfen des 3.048 Beinen starken Teilnehmerfeldes – 2.652 von ihnen sollten einige Zeit später das Ziel erreichen – und animierte die LäuferInnen zu ein paar Aufwärmübungen mit den Armen.

 

Bereits um 8 h hatte HLV Volks- und Straßenlaufwart Jochen Miersch 268 Marathonis auf die Strecke durch das Waldgebiet namens Koberstadt geschickt, das diesem Lauf heuer bereits zum 25. Mal seinen Namen gab. Integriert in diese Traditionsveranstaltung, die jedes Jahr mehr und mehr FreundInnen findet, waren diesmal auch die Hessischen Marathonmeisterschaften, für die sich 70 der Startenden angemeldet hatten. Die Strecke mit dem Wendepunkt in der zweiten Runde war gegenüber dem Vorjahr leicht verändert, der Wendepunkt rausgenommen, aber wirklich entschärft war sie dadurch leider auch nicht. Immer noch laufen die Marathonis in ihrer zweiten Runde von hinten in das jedes Jahr dichter werdende Halbmarathonfeld hinein und die Langstreckler haben teilweise alle Mühe, sich durchzusetzen, die aufwendigen Überholmanöver kosten Zeit und vor allem auch jede Menge Kraft. Daß sie auch Nerven kosten können, beweisen solche Vorkommnisse, wie M60-Vizemeister Marko Vucetic vom TuS Hornau eines erlebte: er hatte höflich darum gebeten, vorbeigelassen zu werden, hatte aber trotzdem nicht genug Platz für ein körperkontaktloses Überholmanöver und erntete für seinen leichten Rempler ein „Arschloch“. Eigentlich ist die Unfähigkeit der Langsameren, den schnellen mal eine Gasse zu lassen, ja ein altbekanntes Thema, aber doch irgendwie immer wieder bemerkenswert... Die Männerspitze blieb von diesem Problem allerdings verschont, sie war schon längst auf der 2. Runde, bis die Halbmarathonis den Wald erreichten.

 

Die Strecke selbst (und gemeint sind damit beide, weil ja identisch) besteht überwiegend aus Waldboden, mal grob geschottert, mal etwas feiner. Flach und damit bestzeitenfähig ist sie eigentlich nicht, immer wieder lassen langgezogene Steigungen die Kilometerschnitte deutlich nach oben schnellen. Und auch wenn es bei gleicher Start- und Zielhöhe ja genauso weit runter wie hoch gehen muß, so kosten die Steigungen doch mehr Körner als die Gefälle sparen. War es in den Vorjahren noch sehr warm, so herrschte heute optimales Läuferwetter: 14° C, kaum Wind, teilweise Sonne. Verpflegungsstellen gibt es unterwegs auch ausreichend, die bei Hitze in Egelsbach zum Einsatz kommenden Feuerwehrschläuche als Megaduschen konnten heute getrost eingerollt bleiben.

 

Weil man 2000 am alten Start- und Standort mitten im Wald an den Kapazitätsgrenzen angekommen war, zog die Veranstaltung im Jahr 2001 auf den Sportplatz und damit in den Ort um. Aufgrund der oben schon erwähnten schon wieder gesteigerten Teilnehmerzahlen platzte heute aber auch das Sportgelände aus allen Nähten. In der Ecke, in der die Siegerehrung stattfindet und auch das Verpflegungszelt steht, war zeitweise kein Durchkommen mehr, die Schlangen an der Kuchen- und auch der Getränketheke waren ungewöhnlich lang, irgendwann waren sowohl die Kuchen- als auch Weizenbiervorräte ratzeputz leergefegt, letztere konnten aber wieder aufgefüllt und der Durst der LäuferInnen gestillt werden.

 

Die ersten Drei des Marathons waren auch gleichzeitig die ersten Drei der Hessenmeisterschaften. Allen voran lief Helmut Marenholz vom TV Hergershausen. Nachdem seine Gelenkentzündung ausgeheilt war, hat er in den letzten 6 Wochen 3x täglich (morgens um 6, in der Mittagspause und abends noch mal) trainiert, kam dabei auf 200 km pro Woche. Er war angetreten, um Hessenmeister zu werden und hat dieses Ziel konsequent verfolgt, sich schon bei km 5 von seinen Verfolgern abgesetzt und lief 37 km alleine, aber immer lockre und frohen Mutes ins Ziel. Der wirklich strahlende Sieger lief nach 2:37:14 h über die Ziellinie, gefährdete dabei aber zu keiner Zeit den schon seit 8 Jahren bestehenden Streckenrekord des Darmstädters Philipp Lutz, der bei 2:30 h steht.

 

Zweiter wurde Hakim Ouahioune vom SF Blau-Gelb Marburg, der zuletzt in Schotten und Fronhausen auf den 10 km-Strecken zu sehen war. Den Antritt von Marenholz bei km 5 ging er nicht mit, weil ihm der zu früh kam und kam auch zum Ende hin nicht mehr an Helmut heran. Sein nächstes Ziel ist die Halbmarathon-Hessenmeisterschaft im Oktober in Bad Hersfeld, bei gutem Trainingszustand wird er evtl. am 05. Oktober in Köln auch noch an seiner Marathon-Bestzeit feilen und versuchen, diese unter 2:36 h zu drücken. Heute brauchte er 2:38:56 h und lag damit 26 sec. vor Uli Amborn von der LG Offenbach, der zusammen mit seinen Teamkameraden Thomas Maith (Platz 6) und Christian Messerschmidt (Platz 12) die Mannschaftswertung gewann. Bei km 40 dachte Uli noch, er könne Vize-Hessenmeister werden, mußte sich dann aber im langen Schlußspurt geschlagen geben. Nichtsdestotrotz ist der Offenbacher, der zugunsten der Hessenmeisterschaft auf die 100 km-DM nächste Woche in Endingen verzichtete, zufrieden mit seiner Leistung und vor allem auch der Zeit.

 

Glücklich über ihren Hessenmeistertitel, aber eher unzufrieden mit ihrer Zeit war die Erste bei den Frauen, Christina Richard vom LC Mengerskirchen. Die Westerwälderin, die auch schon den Halbmarathon des Stierstädter Kerbelaufs gewann, wollte eigentlich 4 min schneller laufen. Gut eine Minute nach ihr erreichte Ursula Stoll vom Offenbacher LC in 3:21:03 h das Ziel, Dritte wurde Dorothee Wirth von der TG Obertshausen in 3:22:34 h – auch hier waren die ersten Drei der Hessenmeisterschaften gleichzeitig die ersten Drei in der offenen Wertung und auch hier blieb der Streckenrekord (Constanze Wagner, 2:58:10 h) unangetastet..

 

Maratohn-Hessenmeister der Altersklasse M50 wurde übrigens der für den SSC Hanau-Rodenbach startende Dr. Dr. Lutz Aderhold, der die Geschäftsstelle der Dt. Ultravereinigung unter seinen Fittichen hat.

 

Regina Blatz und Norbert Gündling vom LLT Wallernhausen verlegten ihren langen gemeinsamen Vorbereitungslauf für den Frankfurt-Marathon ebenso auf die Koberstädter Waldmarathonstrecke wie Bertram Barth und Danga Urnieza vom MTV Kronberg. Die Kronberger erliefen sich dabei sogar beide noch Altersklassensiege, Bertram wurde 9. im Gesamteinlauf und damit 8. bei der Hessenmeisterschaft.

 

Ein besonderes Jubiläum feierte heute Erika Smerlewski aus Heidelberg. Die 59jährige war vor genau 20 Jahren beim 5. Marathon in Egelsbach ihren allerersten Marathon gelaufen, heute nahm sie hier ihren 100. unter die Füße, ihre 6 gelaufenen Ultras zählte sie dabei nicht mit. Sie kam nach 4:30:14 h ins Ziel, will sich jetzt ein bißchen mehr auf andere Sportarten verlegen und im nächsten Jahr eher radfahren statt zu laufen.

 

Der älteste Marathoni, Kurt Wührer (73) von der TuS Griesheim, schaffte die Strecke unter 4 h, er kam nach 3:59:30 h und damit fast 1 ½ Stunden vor dem letzten Läufer.

 

Die Ausfallquote beim Marathon: von 268 StarterInnen kamen 232 ins Ziel.

 

Fast 17 eng bedruckte Seiten umfaßt die Ergebnisliste des Halbmarathons. Daß es da schon mal eine gute Minute dauern kann, bis der Letzte die Startlinie überquert hat, kann man sich vorstellen. Trotzdem hört man nirgends den Ruf nach einer Chipzeitmessung, was sicher für das Stammpublikum dieses Waldlaufs spricht. Vor allem der Halbmarathon ist weit über die Grenzen des Rhein-Main-Gebietes hinaus bekannt und die Ort-Spalte der Ergebnisliste liest sich fast wie ein Stichwortverzeichnis des Atlasses „Deutschland Süd & Mitte“: Lich, Aschaffenburg, Heidelberg, Kaiserslautern, Leimen, Mainz, Bensheim, Weinheim.. die Liste könnte fast unendlich fortgesetzt werden. Und so startet auch erst der Dritte des Halbmarathons für einen hessischen Verein.

 

Der Sieger, Markus van Ghemen, kommt aus Schriesheim, startet für die LSG Karlsruhe und brauchte 1:12:52 h für die 21,1 km. Erst gut 3 min nach ihm kam Uwe Hofmann aus dem bayrischen Lohr als Zweiter in 1:16:15 h über die von Michael Dorsch und seinem Team betreute Ziellinie. Jens Laumann aus Messel folgte ihm in 1:17:47 h auf Platz 3.

 

Wohnhaft in Bayern, aber startend für einen hessischen Verein ist die Siegerin des Halbmarathons. Alexandra Bott wohnt in Alzenau und startet für den SSC Hanau-Rodenbach. Als 80. im Gesamteinlauf war sie 1:28:33 h unterwegs und schaffte es damit gerade noch auf die erste Seite der Ergebnisliste. 22 Plätze nach ihr umrundete Sonja Rapp aus Trebur (ihr Verein ist aber die Spielvereinigung Auerbach/Streitheim) die Tartanbahn und kam nach 1:30:15 h in einen der beiden Zielkanäle. Karin Risch vom TSV Eschollbrücken-Eich wurde mit 1:31:53 h Dritte.

 

Ein paar Zahlenspiele noch zum Schluß: Der letzte Halbmarathoni kam nach 3:29:08 h ins Ziel. Die ältesten Teilnehmer waren beide 68: Magdalena Schäfer von Spiridon Frankfurt brauchte 2:25:56 h, Jochen Herzig vom LT Darmstadt gar nur 1:51:27 h. Von 1.376 Halbmarathonis im Ziel waren 338 Frauen und damit 24,56% und damit 9%-Punkte mehr als bei den Marathonis. 150 HelferInnen wurden benötigt, um diese gut organisierte Veranstaltung auf die Beine zu stellen und der meldestärkste Verein war gleichzeitig der Laufverein mit den meisten Mitgliedern in Deutschland: Spiridon aus dem quasi benachbarten Frankfurt stellte 40 LäuferInnen.

 

Und wer sich weiter in Zahlen vertiefen und vielleicht verlieren möchte, kann alle Ergebnisse bei Michael Dorsch unter www.volkslauf.de oder direkt auf der Homepage des Koberstädter Waldmarathons, www.koberstaedter-marathon.de, nachlesen.

 

Ach ja.. übrigens gab es in diesem Jubiläumsjahr, nach einem Leinenmatchsack im Vorjahr, für alle TeilnehmerInnen einen gelb-schwarzen Nylonrucksack, der sich sicher auch um Radfahren eignet.

für laufreport im August 2003