Tips für Laufanfänger und solche, die es werden möchten

 

Es gibt 1.000 gute Gründe, mit dem Laufen anzufangen: bisher notorische Faulheit im Bezug auf Sport – Übergewicht - Neu-Nichtrauchertum - Freunde/Bekannte laufen - der Partner läuft - derjenige, dessen Partner man gerne wäre, läuft – Joschka läuft (ja, der Außenminister und seine Laufkarriere war wohl auch ein Auslöser des seit ein paar Jahren anhaltenden Laufbooms) – die Cellulitis soll weg – to be continued...

 

Und jetzt haben Sie 30 sec. Zeit, Gründe gegen das Laufen zu nennen – Dalli Dalli: zu langweilig, bin zu müde, zu kalt, zu heiß, zu naß, im TV läuft eine gute Sendung, bin erkältet, bin zu satt, bin zu faul, habe einen Kater........

 

STOP – nur einen dieser Gründe sollten Sie wirklich gelten lassen, wenn Sie sich entschlossen haben, mit dem Laufen anzufangen: erkältet sollte man nicht laufen, wobei man durchaus unterscheiden kann zwischen einem Infekt und einer leicht „verrotzten“ Nase. Mit letzterer bzw. gegen sie ist nämlich ein kleiner lockerer und langsamer Lauf gar nicht unbedingt schlecht. Alles andere ist nichts weiter als lautes Gejaule Ihres inneren Schweinehunds und sollte Sie nicht davon abhalten, Ihre guten Vorsätze in die Tat umzusetzen.

 

Sie haben sich also entschieden: die Lauferei soll es sein. Jetzt ist es nicht zwingend notwendig, daß Sie sich vor Ihrem ersten Auslauf gleich im Sportgeschäft von Kopf bis Fuß neu einkleiden. Ziehen Sie erst mal ein Paar bereits vorhandene Sportschuhe an und versuchen Sie Ihr Glück. Fangen Sie langsam an, machen Sie ruhig Gehpausen, suchen Sie sich eine kurze Strecke aus, kurzum: überfordern Sie sich nicht! Wenn Sie dann nach 1-2 Wochen merken, daß Laufen der Sport ist oder sein könnte, der Ihnen Spaß macht, sollte aber sogleich eins folgen: der Gang zum Laufsport-Fachhändler. Kaufen Sie sich ein Paar für Sie richtige Laufschuhe. Ein gutes Geschäft verpaßt Ihnen Ihren Schuh mit Laufband-Video-Analyse und läßt Sie den Schuh im besten Fall auch vor der Tür im Echtbetrieb testen. Denn IHR Schuh zeichnet sich nicht nur dadurch aus, daß er lt. Analyse am besten zu Ihren Füssen und Beinen paßt, vor allem müssen Sie sich darin wohlfühlen. Wenn der Schuh im wahrsten Sinne des Wortes drückt, hat Ihr innerer Schweinehund ein Argument mehr, Sie von der sportlichen Betätigung abzuhalten. Und wenn Sie dann irgendwann wirklich regelmäßig und auch längere Strecken laufen, sollte es schon auch ein 2. Paar sein, Sie gehen ja auch nicht jeden Tag in denselben Straßenschuhen zur Arbeit.

 

Unter Laufsportlern und solchen, die es vielleicht werden wollen, gibt es viele Vorurteile und Glaubenskriege, einige will ich hier aufzählen und kommentieren:

 

Glaubenskrieg Nr. 1: Baumwolle ist meee-gaaa-out. Fakt ist: Baumwolle saugt Ihren Schweiß auf und gibt ihn nicht nach außen wieder ab, Sie kühlen schnell aus. Für Laufanfänger muß es aber wahrlich nicht sofort eine Komplettausstattung aus Funktionsmaterial sein, außerdem schwitzt nicht jeder Mensch gleich stark. Fangen Sie ruhig mit Ihren Baumwollshirts an, am Anfang sind Sie eh in der Regel nur ca. ½ Stunde unterwegs. Wenn der Spaß dann parallel mit den Streckenlängen wächst, sollten Sie m.E. schon auf Funktionswäsche umsteigen, die es z.B. permanent in irgendeinem Supermarkt günstig im Angebot gibt. Hochwertiges ist natürlich teurer und findet sich im Fachhandel.

 

Glaubenskrieg 2: Läufer rauchen und trinken nicht! Quatsch! Fakt ist: viele fangen an zu laufen, weil sie aufhören, zu rauchen – nicht umgekehrt. Es gibt aber viele Läufer, die trotz ambitionierter Lauferei weiter ihre Zigaretten rauchen. Rauchen ist für Nichtläufer genauso ungesund wie für Läufer. Dasselbe gilt für den Alkohol. Die Menge reguliert sich schon von alleine, wer am nächsten Morgen laufen will, wird schon von selbst darauf aufpassen, daß der Restalkohol nicht noch reicht, um im Seemannsgang auf die Laufstrecke zu gehen, vom dicken Kopf, der bei jedem Schritt schmerzt, mal ganz zu schweigen.

 

Glaubenskrieg 3: Süßigkeiten sind mindestens so out wie Baumwolle, gesunde Ernährung ist das A und O. Natürlich ist es richtig, daß man allen Zucker, den der Körper braucht, über Obst usw. aufnehmen kann oder vielleicht sollte ich besser schreiben: könnte. Süßigkeiten sind nicht lebensnotwendig. Aber ganz im Ernst: wo bleibt denn da der Lebensgenuß? Das Eis, die Schokolade, auch die Kartoffelchips – wer Lust darauf hat, sollte sie sich auch genehmigen. Schließlich laufen wir doch alle, um Spaß zu haben und nicht, um Höchstleistungen zu vollbringen. Kein noch so ambitionierter Freizeitläufer wird durch Selbstkasteiung zum Topsportler. Und Ihr Körper sagt Ihnen schon von ganz alleine, was er braucht, mit der Zeit wird sich Ihr Heißhunger auf Süßes wahrscheinlich von selbst regulieren – oder nach einem anstrengenden Lauf richtig aufleben, aber dann brauchen Sie den Zucker eben auch, sonst würde Ihr Körper nicht danach verlangen. Und ansonsten gilt natürlich: gesunde, vitaminreiche Ernährung ist für Nichtsportler auch wichtig.

 

Glaubenskrieg 4: man kommt auch gut ohne zu dehnen durchs Leben. Dieser Krieg sollte aus meiner persönlichen Sicht ganz klar mit einem Sieg für die Pro-Dehnen-Fraktion ausgehen. Vor und nach jedem Lauf nur ein paar Minuten und Sie tun Ihren Muskeln und Sehnen nur Gutes. Wenn Sie nicht als orthopädischer GAU enden wollen, sollten Sie die Dehnungsübungen in Ihren Trainingsplan mit einbauen.

 

Vorurteil 1: laufen ist langweilig. Weit gefehlt. Laufen kann man alleine, zu zweit, zu dritt oder in der Gruppe. Man sollte, zumal als Anfänger, eh nur so schnell laufen, daß man sich noch locker dabei unterhalten kann. Schließen Sie sich einem Lauftreff an, Sie werden sehen: locker plaudernd vergeht die Zeit schneller, neue Bekannt- und Freundschaften entstehen. Vor allem im Sommer finden jedes Wochenende irgendwo Volksläufe statt, die meisten Veranstalter bieten auch 5 km-Läufe für Einsteiger an, oft tragen diese den schönen Namen „Schnupperlauf“. Laufen Sie auch dort ruhig mal mit, wenn man seinen ersten „Wettkampf“ überstanden hat, ist man für die nächsten Trainingskilometer gleich doppelt motiviert. Und die hervorragenden Kuchentheken voll mit Selbstgebackenem, die so manchen Après-Lauf prägen, sind eine leckere Belohnung für vorausgegangene Anstrengungen. Auch wenn Sie alleine laufen, werden Sie sehen, daß laufen durchaus nicht langweilig ist. Laufen eignet sich, wie anderer Ausdauersport auch, hervorragend zum Streßabbau und zur Entspannung. Und im Gegensatz z.B. zum Radfahren kann man sich beim Laufen ganz auf sich selbst konzentrieren und den Gedanken freien Lauf lassen. So manches Problem wird beim Laufen viel kleiner oder löst sich ganz von selbst.

 

Vorurteil 2: Laufen ist wetterabhängig. Das ist nur ein Vorurteil, das Ihr innerer Schweinehund geprägt hat. Es gibt nämlich kein schlechtes Wetter, es gibt nur die falsche Kleidung. Natürlich kostet es manchmal Überwindung, raus in die Kälte oder den Regen zu gehen, statt auf der warmen, weichen Couch zu bleiben. Aber es ist dann nachher noch mal so schön, unter die heiße Dusche zu gehen und/oder eine Tasse leckeren heißen Tees zu schlürfen. Und manchmal ist schlechtes Wetter sogar der bessere Wegbegleiter, weil auf Strecken, die normalerweise von Spaziergängern, Radfahrern, Skatern und Hundehaltern übervölkert sind, nichts los ist, man sich das Slalomlaufen erspart und viel ungestörter seinen Gedanken nachhängen kann.

 

Vorurteil 3: Laufen macht süchtig. Ich denke, es kommt darauf an, wie man „Sucht“ definiert. Sicher gibt es Läufer, die sich ohne ihre (vielleicht sogar tägliche) Laufeinheit nicht mehr als Mensch verstehen. Aber die sind doch eher in der Minderzahl und ich denke, im Laufsport nicht häufiger anzutreffen als in anderen Sportarten. Es ist nur beim Laufen vielleicht einfacher, dieser Sucht zu frönen, weil man wirklich überall laufen kann.

 

Und das ist auch gleichzeitig der ganz große Vorteil: Sie sind oft auf Geschäftsreise oder Fortbildung? Kein Problem, die Laufsachen passen irgendwie immer noch in eine Kofferecke und Sie können sich die Straßen und Parks fremder Städte erlaufen und dabei vielleicht das Eine oder Andere entdecken, das Sie als Nichtläufer nie gesehen hätten. Laufen ist eben ein sehr flexibler Sport.

 

Flexibel sind Sie auch in Ihrer Zeiteinteilung. Laufen Sie dann, wann es in Ihren persönlichen Zeitplan und in Ihren Rhythmus paßt. Morgens, mittags, abends – es gibt keine objektiv falsche Lauf-Zeit. Wenn Sie zu den Glücklichen gehören, die in der Firma duschen können, versuchen Sie es doch auch einfach mal in der (evtl. verlängerten) Mittagspause. Es hat den Vorteil, daß Sie auch in der dunklen Jahreszeit bei Tageslicht laufen können – und nach einem lockeren Mittagsläufchen ist Ihr Kreislauf gewappnet für den arbeitsreichen Nachmittag. Und für die Läufe im Dunkeln gibt es seit ein paar Jahren ein nettes Hilfsmittel, das man nicht in der Hand tragen muß: die Stirnlampe. Wenn Sie im Dunkeln irgendwo an der Straße unterwegs sein sollten, achten Sie darauf, daß Sie etwas Reflektierendes an Ihrer Kleidung haben, um von Autofahrern besser gesehen zu werden.

 

Und jetzt raus mit Ihnen! Sie werden sehen: ein Lauf in der Morgendämmerung mit erwachender Tierwelt zwischen reifbedeckten Wiesen, ein Lauf in die untergehende Sonne, ein Abendlauf in der langsam ruhig werdenden Stadt, aber auch ein Regenlauf durch Wiesen, Felder und Wälder - alle entschädigen für Vieles, was der Alltag Ihnen so an Streß und Last aufbürdet, manchmal kommt man heim und ist richtig „doped by nature“. Ach ja.. und bei Läufern ist es wie bei Motorradfahrern: man grüßt sich, wenn man sich begegnet.

 

Bücher zum Thema Laufen gibt’s massenweise, einem Anfänger würde ich persönlich „Perfektes Lauftraining“ aus dem Fit for Fun-Verlag empfehlen, Autoren sind Herbert Steffny und Ulrich Pramann.

 

Wir wären nicht im 21. Jahrhundert, wenn es jetzt nicht zum Abschluß auch noch ein paar Surftips rund um den Laufsport gäbe:

 

DIE Kultseite für Läufer jeder Leistungsklasse ist www.lauftreff.de. Der Berliner Helge Schröter-Janssen hat ein Laufportal geschaffen, das seinesgleichen sucht. Hier finden Sie den Lauftreff in Ihrer Nähe, Volkslauftermine, Laufgeschichten und vor allem auch die Diskussionsforen von Läufern für Läufer, in denen Sie so manche Antwort auf Ihre Fragen finden.

 

Unter www.laufreport.de finden Sie Laufberichte von Läufern für Läufer – überwiegend wird von Volksläufen aus dem süddeutschen Raum berichtet.

 

www.leichtathletik.de ist die Seite des Deutschen Leichtathletikverbandes, auf der Sie auch und vor allem alle Volksläufe nach Datum und Bundesland sortiert abrufen können.

 

Last but not least finden Sie auf der Seite http://www.free-running.de/html/dehnung.html einige Dehnungsübungen – zur Nachahmung empfohlen.

 

Drei Punkte möchte ich Ihnen zum guten Schluß noch mit auf den Weg geben:

1. Sie treiben Sport, um gesund zu bleiben und nicht, um krank zu werden.

2. Sie treiben Sport, weil es Ihnen Spaß macht und Stress abbaut, nicht damit Sie sich Stress machen und Spaß abbauen!

3. Wie im richtigen Leben, so gibt es auch beim Laufen gute Zeiten und schlechte Zeiten. Lassen Sie sich von den schlechten nicht entmutigen, die guten kommen garantiert wieder!

 

für "Top shop", das Verbrauchermagazin vom Main-Echo im März 2003