10 Meilen im Herzen der Natur

Über eins bin ich mir heute ganz sicher: Petrus muß Läufer sein! Es regnete, als ich in Lich ankam, es tröpfelte noch kurz vorm Start - und dann wurde es trocken. Als wir nach 10 Meilen in Lich zurück waren, konnte man deutlich sehen, daß es dort in der Zwischenzeit auch geregnet hatte - aber unterwegs fielen nur mal 2 Minuten lang ein paar winzige Tröpfchen. Dann hat Petrus wohl genau hingeguckt, gesehen, daß wir noch unterwegs sind - und den Schirm über uns gehalten. 

Der 10 Meilen-Lauf in Lich gilt als einer der schönsten Waldläufe Hessens. Ich war, weil ich auch hier im Rhein-Main-Gebiet viele schöne Waldstrecken kenne, eigentlich eher skeptisch, aber inzwischen kann ich diese Einstufung unterschreiben. Die Schönheit dieser Strecke liegt für mich nicht in der Streckenführung selbst und der Wald sieht auch nicht anders aus als Wald hier, wenn er anfängt zu grünen und zu blühen - aber so friedlich wie in Lich habe ich noch nie einen Lauf erlebt. Ein paar hundert Meter nach der Startlinie biegt man rechts in den Wald ab - und dann ist man 16 km lang fernab jeder Zivilisation. Kein Fluglärm, keine zu überquerenden Autobahnen, nur zw. km 3 und 4 und auf dem Rückweg dann zwischen 13 und 14 mal eine Landstraße, die man durch die Bäume blitzen sehen kann - aber wie das so ist auf dem Land am Samstagnachmittag: das Verkehrsaufkommen tendiert gegen Null. Alles, was man unterwegs hört, ist das Zwitschern von Vögeln und Volk(e)s-Lauf-Geräusche, als da wären: keuchen, stöhnen, tapsen und auch ein bißchen reden. 

Das (leider am Ende teilweise ein bißchen überforderte) Veranstalterteam um Walter Bender konnte heute einen neuen Teilnehmerrekord verzeichnen: mit 521 gestarteten 10 Meilen-LäuferInnen (150 mehr als im Vorjahr, 504 kamen ins Ziel) und knapp 60 Kindern und Einsteigern (die Kids liefen je nach Alter 600 oder 2.000 m, die Einsteiger 3 Meilen). Die Kinderläufe sind schon beendet, bevor die Erwachsenen losrennen - die Einsteiger starten 10 min vor dem 10er und sind somit noch unterwegs, bis der Startschuß für die große Truppe fällt - wenn er denn fällt und die Startpistole nicht streikt. Die Strecke ist, wie schon angedeutet, wirklich sehr schön, vor ein paar Tagen hat das Forstamt sie noch geglättet, so daß sie wohl bis gestern mehr einer Aschenbahn glich. Aber der Regen der letzten 24 Stunden hat das teilweise wieder zunichte gemacht. An manchen Stellen glich der Waldboden mehr dem Wildschweingehege an der heimischen Viehweide. Aber damit muß man rechnen, wenn man im Frühjahr einen Waldlauf absolvieren will. Ein Blick aufs Streckenprofil ließ mich beim Startnummernabholen erst zusammenzucken - um Himmels Willen - solche Steigungen. Aber manchmal muß man eben 2x hingucken und auf den Maßstab achten - vom niedrigsten zum höchsten Punkt waren es nur 60 m Höhendifferenz. Was manche als "profiliierte Strecke" bezeichnet haben, stellt für jemanden, der in Taunus, Odenwald, Wetterau oder sonstigen hügelig-bergigen Gegenden trainiert, kein Problem dar. Zwar verläuft die Strecke richtig wellig, aber sog. Wadenbeißer bleiben aus. Bestzeitenfähig ist sie mit Sicherheit nicht, aber was sind schon Bestzeiten über 10 Meilen? Man sollte diesen Lauf als das nehmen, was er ist: ein schöner Landschaftslauf über eine ungewöhnliche Distanz. Und ihn genießen. 

Im Ziel angekommen, gab's dann allerdings bei dieser Veranstaltung der langen Wege (Parkplatz/Duschen an der Sporthalle und die Anmeldung im Bürgerhaus liegen etwa 500 m auseinander, der Start ist fast 10 Gehminuten entfernt) auch noch ein paar Wermutstropfen: die Getränke waren alle, die ersten Beschwerden gab's wohl schon bei einer Einlaufzeit von 1:17 h, ab 1:24 h war alles leer. Allerdings habe ich später gehört, daß man sich doch noch um Nachschub bemühte und die letzten Finisher wurden dann wieder versorgt. In den Duschen angekommen, der nächste Frust: eiskalt und wenig Wasserdruck - auch hier gab's die Gnade des schnellen Ankommens - anfänglich muß noch heißes Wasser vorhanden gewesen sein. Also zog ich mich nur um und ging "stinkend" rüber zum Bürgerhaus, um noch etwas von den Resten der wirklich riesigen Kuchentheke zu bekommen. Am Getränkestand gab's zwischendurch auch nur noch Bier und Wasser - und am Ende brach auch noch die EDV mehr oder weniger zusammen. Bis 19 h konnten gerade mal die Gesamtsieger geehrt werden, Urkunden waren noch gar keine gedruckt. Diese werden allen LäuferInnen auf Antrag und Zahlung von 2 Euro nachgeschickt - oder liegen beim nächsten Rono-Sportbahnhof-Cup-Lauf am 20. Mai in Krofdorf-Gleiberg aus. 

(für laufreport am 20. April 2002)