Dabeisein war alles

 

Der Olympic day run findet jährlich am 23. Juni statt und soll an die Gründung des IOC am 23.06.1894 erinnern – dieses Jahr fand dieser Lauftag erstmals an mehreren Orten in Deutschland statt, nämlich in Bad Sobernheim (laut Prospekt eine „kleine olympische Hochburg in Rheinland-Pfalz) und in allen fünf Bewerberstädten um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2012. Man mag über die Bewerbung von Frankfurt denken, was man will – wenn sie Anlaß für eine Laufveranstaltung ist, sollte man diese auch ernstnehmen und hingucken. In Bad Sobernheim, Düsseldorf mit Bottrop, Hamburg, Leipzig und Stuttgart fanden jeweils Breitensportveranstaltungen für die ganze Familie statt, Frankfurt hatte sich darauf verlegt, einen reinen Schülerlauf durchzuführen. Und so wurde eine einen Kilometer lange Schleife rund um die Hauptwache in der City vermessen, Start und Ziel waren direkt an der Hauptwache und praktischerweise schickte man die Kleinen auf die Spuren der Großen und nutzte das Startbanner des Chaselaufs am vergangenen Mittwoch. Der Lauf war ausgeschrieben für Kids zwischen 8 und 15 Jahren – die Kleinen liefen einen Kilometer und für alle, die 13 Jahre und älter waren, galt es, 2 Runden hinter sich zu bringen. Und da nur der olympische Gedanke zählen sollte, gab es auch keine Zeitnahme, was einige (zum Glück wenige) eifrige Väter aber nicht davon abhielt, die Stoppuhr einzusetzen und den Nachwuchs anzuspornen, schneller zu laufen.

 

Jedes Kind erhielt vorm Lauf ein T-Shirt und sollte dies auch beim Lauf tragen. Da die Shirts offensichtlich bundesweit zum Einsatz kamen, hatte man für die Kinder einfach Größe S geordert – das war aber für die ganz Kleinen teilweise einige Nummern zu groß und so wurden die Shirts teil- und praktischerweise einfach vorm Bauch modisch hochgeknotet. Daß der Knoten dann fast größer war als das Kind selbst, störte keinen großen Geist.

 

Wer seine Runde(n) gut hinter sich gebracht hatte, erhielt zudem noch ein Getränk und eine Urkunde, die mit dem Facsimile-Stempel von IOC-Präsident Jaques Rogge versehen war. Und für Beschäftigung nach dem Lauf war auch gesorgt – das Spielmobil stand vor Ort mit Hüpfkissen, Kastenrutsche und anderen Belustigungsmöglichkeiten. Verlost wurden unter allen Laufkids auch noch Eintrittsgutscheine für Frankfurter Schwimmbäder, Freistarts für den Minimarathon vorm Euro-Marathon im Oktober und Eintrittskarten für die Eissporthalle.

 

Leider waren nur geschätzte 350-400 Kinder auf der Strecke – daß der Lauf aber trotzdem beachtet werden sollte und wurde, zeigte schon die Tatsache, daß Frankfurts größter Laufverein, Spiridon Frankfurt, die Organisation rund um die Strecke übernommen hatte. Und keine andere als die derzeit weltbeste Marathonläuferin Tegla Loroupe war Laufpatin und mischte sich auch zum Lauf unter die Kinder. Das nur 153 cm große und 40 kg leichte zierliche Persönchen fiel unter den Kids kaum auf, die Ältesten überragten sie sogar, wie man am Start deutlich sehen konnte. Für Olymp-Ja 2012 warb außerdem die Frankfurter Schwimmerin Meike Freitag und der Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, Prof. Walther Tröger, gab den Startschuß. Die Interviews vor Ort führte übrigens Klaus Meyer von Spiridon Frankfurt – ein blinder Marathoni, der bei den Paralympics in Sydney Platz 6 und in Atlanta Platz 4 belegte.

 

Ab morgen finden übrigens, von der Öffentlichkeit weitestgehend unbeachtet, die Special Olympics in Frankfurt statt – die olympischen Spiele für geistig Behinderte. Da die Fackel mit dem olympischen Feuer heute schon in Frankfurt angekommen war, wurde sie gleich auch noch mit über die Strecke getragen.

 

Was die Frankfurter tatsächlich von irgendwelchen sportlichen Veranstaltungen in ihrer Stadt mitbekommen, zeigt vielleicht ein Dialog, den ich am Wegrand mit anhörte. Da kamen zwei ältere Frankfurter mit ihrem Rad des Wegs, sahen die Kinder durch die Stadt laufen und fragten sich, ob das jetzt der Ironman-Wettbewerb sei, von dem sie kürzlich auf Plakaten gelesen hätten.

für laufreport im Juni 2002