Nur die Harten kommen in den Garten oder: die Geschichte von zwei Steppenhühnern, die eine Nacht lang Steppenenten waren

Die Vorgeschichte: irgendwann im Spätherbst 2003 kam im Forum beim Steppenhahn ein Gespräch über den Laufgenuß bei Nachtläufen auf. Daraus entstand ziemlich schnell die Idee, einen privaten ebensolchen zu organisieren und weil Manfred für verrückte, aber machbare Ideen zu haben ist, waren Ort (entlang des Mittellandkanals in Braunschweig) und Zeitpunkt (natürlich eine einer Werwölfin angemessene Vollmondnacht) schnell festgelegt. Eingeladen waren noch ein paar andere Steppenhühner, aber wie bei den 10 kleinen Negerlein bröckelte das Teilnehmerfeld und so verblieben nur noch wir zwei. Meine Startgebühr: dieser Bericht.

 

Am 06. Februar 2004 war Vollmond, aber ein Freitag. Und da ich es vorzog, nach einer langen Arbeitswoche und drei Stunden im Zug und einer Stunde in Bus und Tram in Braunschweig lieber nicht auch noch nachts zu laufen, haben wir den Lauf auf die Nacht von Samstag auf Sonntag verlegt. Es erforderte wenig Überredungskunst, Manfred davon zu überzeugen, nicht erst um Mitternacht sondern schon um 23 h loszulaufen - und das sollte sich als nicht ganz dumm herausstellen, denn so kamen wir wenigstens anfänglich noch in den Genuß des am Himmel hängenden strahlenden Vollmonds und Trockenheit. 

 

Nach knapp 4 km durch Felder und Ortschaften kamen wir am Kanal an. Hier legten wir erstmal einen kleinen Matschumweg ein. "Hier rechts ab" sprach Manfred - und schon standen wir im Knatsch. Vorsichtiges Rumstolpern - und nach 50 m drehten wir erstmal um, liefen auf der ursprünglichen Straße weiter. Aber schon nach wenigen Metern war klar "nee, hier sind wir falsch". Also kehrt - marsch.. und zurück in die Pampe. Eigentlich wollte ich ja meine in Rodgau letzte Woche verdreckten Schuhe durch diesen Lauf säubern, aber das hier war echt das Gegenteil. Diesmal schafften wir so ca. 150 m, bevor wir den Rückweg antraten. Und siehe da - unser richtiger Weg war schon weiter vorne an der Brücke. Durch diese Aktion hatten wir 10 min eingebüßt und außerdem wurde uns zunehmend kühl. Zeit also, wieder in Laufschritt verfallen zu können. Endlich unten am Kanal angekommen, ging's zügig (?) in die diesmal richtige Richtung, leider trollte sich der Vollmond schon bald hinter dicke Wolken und zwischendurch fielen schon erste Regentropfen. Wenn der Mond zum Vorschein kam, war's richtig toll hell, ansonsten stockfinstere Nacht und ich mußte mich auf den Weg vor mir konzentrieren, wurde etwas einsilbig. Rechtzeitig zum Erreichen des Wendepunktes kam's dann, wie es kommen mußte: der Mond war weg, dafür quer in der Luft stehender Regen da (wir waren die ganze Zeit mit Rückenwind gelaufen) und weil wir beide aufgrund des Regens unsere Brillen von der Nase in die Tasche wandern lassen mußten, standen wir auch plötzlich zeitgleich in einer riesigen Pfütze, die in der ersten Schrecksekunde den Eindruck vermittelte, knietief zu sein. War sie zum Glück nicht, aber bis zu den Knöcheln ging uns das Wasser schon. 

 

Drüben auf der anderen, der Rückwegseite, kam dann das Laufstück des Grauens: es regnete Katzen und junge Hunde und der starke böige Wind blies uns das Wasser von vorne direkt ins Gesicht. Also ehrlich: unter LaufGENUSS verstehe ich schon etwas anderes. So kämpften wir gegen die Naturgewalten an, unsere Oberschenkel wurden eiskalt, wir waren klatschnaß. Das Gute daran: wir versuchten gar nicht mehr, irgendwelchen Pfützen auszuweichen. Nasser als naß geht eh nicht. Und Nichtausweichen spart Kraft. Zwischendurch erinnerte Manfred mich mal, daß wir's doch gut haben, immerhin müssen wir nicht, wie Angie und Edgar,  bei - 30° in Kanada rumlaufen, aber wirklich (herz-)erwärmend war dieser schwache Trost nicht. Irgendwann kam doch nochmal der Vollmond raus und es hörte auf zu regnen. Auf den letzten Kilometern wechselte sich Mondlicht mit Wolken, Petrus hatte ein Einsehen und kommandierte zumindest den Regen ab, den Wind überließ er uns aber als stetigen Weggefährten.

 

Nach 2 3/4 h (incl. der 10 min Matschumweg zu Beginn) standen wir heilfroh wieder vor Manfreds Haustür. Mein eigentlich ganz gutes Tempogefühl hat mich in der Dunkelheit und im Gegenwind völlig im Stich gelassen, ich kam mir deutlich schneller vor als der 7:19er Schnitt, der letztlich rumkam. 

 

Fazit: trotz des wirklich widrigen Wetters war's ein schöner Lauf und ein schönes Wochenende, einfach mal was anderes. Gut, daß nachts auf dem Land so wenig los ist, allzu viele Braunschweiger mußten sich nicht die Augen reiben, weil wir da in der Gegend rumrennen und so blieb uns die Einlieferung in die nächste Klapse erspart.

 

 

wetness is temporary - remembrance is forever

 

Die andere Hälfte des Teilnehmerfeldes hat auch noch einen Bericht verfaßt und den gibt's HIER.